Herr Klein, welchen Status hat die Elektromobilität innerhalb des BVfK aktuell? Welche Bereiche entwickeln sich positiv, wo gibt es Probleme?
Ansgar Klein: Im Verband selbst, also in den Führungsgremien, ist der Status hoch. Bei den Händlern ist er noch entwicklungsbedürftig. Unser Konzept zielt darauf ab, dies zu ändern.
Vor allem gebrauchte E-Autos sind trotz des wachsenden Angebots aktuell noch nicht wirklich beliebt. Welche Gründe gibt es hierfür?
Ansgar Klein: Erstens, die Angst vor einem kostspieligen Totalexitus der Antriebsbatterie, der den Zeitwert eines Gebrauchtwagens regelmäßig übersteigen würde. Zweitens, die rasante technische Weiterentwicklung: Gebrauchte Elektroautos sind technisch schnell veraltet. Das gilt insbesondere für die Reichweiten. Waren vor drei Jahren noch 300 Kilometer ausreichend, müssen es heute mindestens 600 Kilometer sein, damit ein Elektroauto alltagstauglich ist. Drittens, der starke Preisverfall: Die Überhitzung des Marktes durch die Corona-bedingten Lieferengpässe und insbesondere die Förderprämien sind dafür verantwortlich. Beides hat zu Preisen geführt, die normalerweise am Markt nicht durchsetzbar wären. Das Ergebnis: neue Elektroautos werden inzwischen zu Preisen angeboten, die den Restwerten von drei Jahre alten Leasingrückläufern entsprechen.
Gegensteuern wollen Sie und der BVfK mit dem Projekt „Turbo für gebrauchte Stromer“. Dessen Ziel ist „ein komplettes Ökosystem, das den Handel mit gebrauchten E-Fahrzeugen für BVfK-Händler so einfach wie möglich gestaltet und gleichzeitig das Vertrauen der Verbraucher stärkt”. Wie sieht dieses Ökosystem aus?
Ansgar Klein: Das war vielleicht ein wenig missverständlich formuliert. Dies bezog sich in erster Linie auf den Service für unsere Händler, wozu natürlich diese spezielle Garantie zählt.
Die angesprochene Garantie soll beim Knackpunkt Batterie vertrauensfördernd wirken und vor allem auch Klarheit in rechtlicher Hinsicht schaffen. Wie gestaltet sich diese genau und wo liegen die Vorteile für Händler und Verbraucher?
Ansgar Klein: Der Vorteil für Händler liegt darin, dass diese Garantie kostengünstig kalkulierbar ist und auf das erprobte BVfK-Garantiesystem aufsetzt. Dieses kalkuliert mit einer überraschend niedrigen Schadensprognose, die zum einen auf den bisherigen Erfahrungen nahezu aller Hersteller beruht, dass die Antriebsbatterien deutlich langlebiger sind als erwartet. Zum anderen klammern wir das Worst-Case-Risiko des Totalverlustes aus und stellen den Kunden auf andere Weise zufrieden, wenn es tatsächlich Probleme gibt: Er hat die Wahl zwischen einer angemessenen Kaufpreisminderung oder einer Rückgabe des Fahrzeugs zu einem fairen Marktpreis, der so kalkuliert ist, als wäre das Fahrzeug in Ordnung.
Um Prozesse für Händler und Lieferanten zu vereinfachen, wurde zudem eine spezielle Digital-Plattform aufgesetzt. Welche Services werden hierüber abgebildet?
Ansgar Klein: Es handelt sich hier um ein Dealer-Managementsystem mit allen Features, die für eine schnelle, sichere und kostengünstige Abwicklung sowohl in der Beschaffung als auch in der Weitervermarktung sorgen.
Mit welchen Partnern wurde respektive wird das Projekt realisiert?
Ansgar Klein: Wenn man einmal von unseren Bankpartnern absieht, dann realisiert der BVfK sämtliche Leistungen mit eigenen Mitteln.
Wie fällt die erste Resonanz der Händlerschaft aus, nachdem das Programm Anfang Mai auf dem BVfK-Kongress vorgestellt wurde?
Ansgar Klein: Die Resonanz ist fürs Erste zufriedenstellend. Wir gehen davon aus, dass mit dem Start der Seminarreihe, die für Juli geplant ist, die Zahl der Händler wächst, welche die BVfK-Angebote nutzen.
Welche übergeordneten Möglichkeiten sehen Sie noch, um die E-Mobilität voranzubringen? In welcher Form könnten bspw. auch Kaufprämien sinnvoll sein?
Ansgar Klein: Man muss immer den Grundsatz voranstellen, dass sämtliche staatliche Förderung Gift für die Wirtschaft ist. Es ist wie mit Junkies und Dealern: am Ende kommt keiner mehr von dem anderen los und man lebte sparsamer und gesünder, wenn es die Drogen nicht geben würde. Wenn man das berücksichtigt, darf man an die Ausnahmen rangehen. Die Abwrackprämie 2009 war ein Beispiel für die positive Stimulanz in einer sehr heiklen Zeit. Nun könnte man zwar sagen, dass auch die Umweltprobleme ebenso dringend sind, allerdings funktioniert hier die Brechstange nicht, wie die letzte Regierung unter Beweis gestellt hat. Die aktuell geplanten Förderungen sind insofern begründbar, da sie Teil eines Gesamtkonzeptes sind, bei dem es auch um Wirtschaftsförderung und Arbeitsplatzsicherung geht. Dennoch muss man das im Auge behalten.
Der BVfK versteht sich als Initiator und Teil einer Aufklärungskampagne, mit der Händlern und Verbrauchern Mut gemacht wird. Es gilt die subjektiven Vorurteile zu beseitigen, denn sie sind nahezu unbegründet. Flottenbetreiber und Leasingbanken sei angeraten, die Preise der ausgemusterten Gebrauchtwagen der Marktsituation anzupassen.