Von Sichtbarkeit zu Relevanz

Was KI in Suchmaschinen für den Handel bedeutet

Die klassische Suche wird sukzessive abgelöst: Über 70 Prozent der Autokäufer nutzen Online-Rezensionen und Erfahrungsberichte, bevor sie sich für einen Händler entscheiden.  Foto: White - stock.adobe.com (KI)

Seit Künstliche Intelligenz (KI) die Suche selbst verändert und beispielsweise Google von einer Suchmaschine zum Gesprächspartner werden lässt, reicht die klassische Suchmaschinenoptimierung (SEO) der eigenen Homepage nicht mehr aus. Google, ChatGPT und andere KI-gestützte Systeme entwickeln sich zu Antwortmaschinen, die ihre Ergebnisse nicht mehr als Links auflisten, sondern aus unterschiedlichen Quellen zusammensetzen und optimieren. Doch noch laufen die Systeme parallel, und so ist auch das klassische Suchmaschinenmarketing noch planbar. Wer sein Autohaus oder seine Werkstatt mit den richtigen Keywords, Landingpages und Google-Ads positioniert, kann nach wie vor den Online-Traffic gezielt steuern und im besten Fall erhöhen. Da jedoch immer mehr Menschen ihre Anliegen nicht mehr als Stichpunkte in die Suchmaske eingeben, sondern die Fragen in ganzen Sätzen direkt in den Chatbots oder Sprachassistenten formulieren, erhalten sie derart präzise und umfassende Antworten, dass ein weiterer Klick auf eine Webseite überflüssig wird. Der Traffic bleibt also aus und damit verschiebt sich der entscheidende Moment der Kundenentscheidung aus dem klassischen Google-Ranking in einen neuen, dialogorientierten Raum. Die traditionele Sichtbarkeit der eigenen Homepage wird damit irrelevant.

„Google vs. KI“

Im jüngst vom Berliner Softwareunternehmen LDB-Gruppe herausgegebenen Leitfaden „Google vs. KI – Warum wir lieber KI befragen und was das für Autohäuser bedeutet“, zeigt sich, wie stark sich die Mechanismen des Online-Marketings verändern. Denn selbst Google, fast schon traditionell der feste Bezugspunkt für SEO-Strategien, ist längst im Wandel. Mit der sogenannten Search Generative Experience (SGE) respektive dem KI-Modus integriert Google KI-generierte Antworttexte in die Ergebnisse. Google selbst erklärt die neue Funktion so: „Die Suchfrage wird in mehrere Unterthemen aufgeteilt, mehrere Suchen laufen parallel, das gesamte Netz wird intensiver durchsucht als bisher.“ Für Autohäuser bedeutet das eine doppelte Herausforderung: Zum einen müssen sie Inhalte so gestalten, dass sie in diesen KI-Antworten überhaupt berücksichtigt werden. Zum anderen dürfen sie ihre klassische Suchmaschinenstrategie nicht vernachlässigen, denn Google bleibt trotz KI (noch) das Tor zur digitalen Welt.

Deshalb verschiebt sich das Marketing gerade zwar von reiner Sichtbarkeit hin zu Relevanz, doch alles ändern wird sich nach Einschätzung von Experten trotzdem nicht. In jedem Fall würde Google ein zentraler Akteur bleiben, der Tech-Riese investiert stark in die Integration von KI in seine Suchtechnologien und in Partnerschaften mit großen Datenanbietern. Gleichzeitig entstehen neue Ökosysteme, wie Copilot (Microsoft), Rufus (Amazon) oder Spotlight (Apple). Diese Systeme verarbeiten ebenfalls Standortdaten, Bewertungen und Preisangaben und generieren damit dieselben Erfordernisse wie die der anderen KIs.

Vertrauen statt Klickzahlen

Doch der Wandel findet nicht nur auf technischer Ebene bei den Tech-Konzernen statt, sondern schlägt sich auch beim Kunden in Haltung und Verhalten nieder. Denn Nutzer interagieren heute anders mit digitalen Kanälen als noch vor wenigen Jahren. Laut aktuellen Untersuchungen der LDB-Gruppe nutzen über 70 Prozent der Autokäufer Online-Rezensionen und Erfahrungsberichte, bevor sie sich für einen Händler entscheiden. Diese Form der sozialen Validierung fließt auch in KI-Systeme ein: Wenn ChatGPT oder Google-SGE Empfehlungen aussprechen, greifen sie auf Bewertungsplattformen, Brancheneinträge und Servicehistorien zurück.

Und damit rückt die digitale Reputation ins Zentrum der Sichtbarkeit: Ein Autohaus mit exzellenten Google-Rezensionen, aktuellen Öffnungszeiten und einer aktiven Kundenkommunikation hat laut Experten deutlich bessere Chancen, in den neuen Antwortsystemen erwähnt zu werden. Der allgemeine Tenor lautet: Wer sich bisher vor allem um SEO gekümmert hat, muss nun auch an Reputationsmanagement, Kundendialog und Datenqualität arbeiten, womit die Datenpflege zur Kernaufgabe wird. Ein sauber gepflegter Google-Business-Eintrag, konsistente Adressdaten und aktuelle Angebote werden zur Voraussetzung für KI-Sichtbarkeit. Und da die KI-Systeme, wie erwähnt, ihre Informationen aus unterschiedlichsten Quellen zusammensetzen, sinkt die Chance in eine Antwort aufgenommen zu werden, wenn Angaben fehlen, veraltet oder widersprüchlich sind. Wer aber seine Leistungen transparent, aktuell und digital auffindbar macht, wird von den neuen Systemen berücksichtigt, wodurch der Begriff „Content“ eine neue Bedeutung bekommt: Es reicht nicht mehr, SEO-Texte mit Suchbegriffen zu füllen, sondern die Inhalte müssen maschinenlesbar, semantisch korrekt und kontextbezogen sein.

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