Driver-Chef Christian Mielacher im Interview

“Wir haben eine sehr schöne Mutter”

Christian Mielacher Driver PirelliChristian Mielacher arbeitet bereits seit 1997 für Pirelli – im August 2024 übernahm der Östereicher die Geschäftsführung der Handelskette Driver.   Foto: Kay Lehmkuhl

Diese Filiale sei ein Vorzeige-Standort – so wurde mir auf einer Flottenmesse berichtet. Warum ist dies ein so besonderer Standort im Driver-Netzwerk? 

Christian Mielacher: Wir sind seit 2014 hier in Bonn in dieser Größe. Wir haben etliche wirklich schöne Betriebe, dies ist aber sicher für den Westen einer der schönsten Betriebe, die wir präsentieren können – und wir haben auch eine dementsprechende Mannschaft dazu. Der Filialleiter hier am Standort ist sehr engagiert, er hat sein Team und diese Niederlassung auf dieses hohe Niveau gebracht. Wir sind sehr froh, dass wir hier sind und dass wir auch so angenommen werden in dieser Region.

Im Westen Deutschlands ist das Driver-Filialnetz recht dicht geknüpft. 

Christian Mielacher: Ja, es gibt rund um diesen Standort viele Betriebe. Wir sind im Westen relativ gut flächendeckend aufgestellt. Es gibt eine gewisse Nähe zu den anderen Betrieben, aber die brauchen wir in dieser wirtschaftsstarken Gegend als Driver. 

Wo sind die weißen Flecken auf der Landkarte, wo ist Nachholbedarf im Bundesgebiet für Driver?

Christian Mielacher: Wir haben momentan noch Potenzial im Osten Deutschlands. Wir sind ja mit unserem Driver-Netzwerk flächendeckend in ganz Deutschland vertreten. Aber die Driver Reifen und KFZ-Technik GmbH als Equity hat im Osten noch weiße Flecken. Wir machen uns natürlich Gedanken darüber, wie wir diese Lücken strategisch sinnvoll schließen.

Driver_Bad Godesberg
Der Standort Bad Godesberg existiert seit 2014. Foto: Kay Lehmkuhl

Sie sprechen mit dem Driver-Konzept eine gewisse Klientel an. Pirelli steht als Mutter ja für Prestige und Premium-Anmutung. Quality- und Budget-Produkte sind nicht die Präferenz in der Vermarktung?

Christian Mielacher: Grundsätzlich sprechen wir Premiumkunden an, aber sind selbstverständlich auch für den Standardkunden da. Aber ja, der Großteil des Produktportfolios, das wir verkaufen, ist Premium. Dennoch: Die Kundenbreite ist relativ groß. Grundsätzlich sind wir sehr Endverbraucher-orientiert. Aber das Geschäftsfeld hat sich so entwickelt, dass wir im Flotten- und Leasingbereich mit Sicherheit unsere absolute Stärke haben. Dementsprechend ist es nicht überraschend, dass auf uns im Rahmen einer Flottenmesse verwiesen wurde.

Was unterscheidet das Driver-System als Industrie-angeschlossene Kooperation von denen der Wettbewerber? Was ist der USP?

Christian Mielacher: Über Unterschiede zu sprechen, ist immer schwierig. Ich kann nur sagen, was wir uns definieren. Wir haben das Glück – und ich verwende diese Aussage sehr gerne – eine sehr schöne Mutter zu haben. Wir sind eine Pirelli-Tochter. Pirelli hat natürlich in gewissen Bereichen wie Innovation, in der Außendarstellung und in Sachen Qualität einen Riesenvorteil. Die Marke ist auch unglaublich stark in der Erstausrüstung, was uns einen großen Vorteil bringt hinsichtlich des technischen Know-hows. Wir sind auch sehr innovativ, was das Thema Nachhaltigkeit angeht. Die Reifen der neuen Generation werden schon zu über 50 Prozent aus biobasierten und recycelten Materialen hergestellt. Und von all diesen Dingen profitiert natürlich auch die Driver-Organisation sehr stark, weil wir in dem Sog der Pirelli einfach mitgezogen werden. 

Team_Driver_Pirelli
Bereiteten Automotive Insights einen freundlichen Empfang (v.l.): Filialleiter Vincenzo Bonaffino, Driver-Geschäftsführer Christian Mielacher und Burkhard Knorren (Regionalleiter West). Foto: Kay Lehmkuhl

Dennoch bewegen Sie sich in einem sehr umkämpften Marktumfeld. Was sind die Herausforderungen und entscheidenden Weichen, um tatsächlich wachsen zu können? 

Christian Mielacher: Es ist mit Sicherheit momentan herausfordernd. Wobei wir als Driver – und das liegt wahrscheinlich auch in unserer DNA – das eigentlich als Chance sehen. Wir legen extrem viel Wert darauf, Grundprinzipien zu halten. Das hilft uns im Kundenumgang enorm. Wenn man sich nur überlegt, dass in der Vergangenheit in durch Mystery Shoppings ermittelt wurde, dass nur 60 Prozent der Kunden ordentlich verabschiedet wurden. Das ist heute ganz anders. Teilweise geht es um ganz rudimentäre Dinge, um am Wettbewerb erfolgreich teilzunehmen. Es geht aber auch darum, dass wir sagen, unsere DNA ist auch Weiterentwicklung, nicht nur in den Geschäftsfeldern, sondern auch in der Weiterentwicklung der einzelnen Mitarbeiter. Und wir legen Wert auf Konstanz. Also im Schnitt ist jeder Mitarbeiter zehn Jahre bereits bei Driver beschäftigt. Das heißt, wir haben eine gewisse Stabilität. Wir schulen unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sehr intensiv. Wir haben uns das große Ziel gesetzt, dass wir mit der Marke sehr nah am Kunden sein wollen und sich der Werkstattbesuch gut anfühlt. Für dieses Wettbewerbsumfeld sehen wir uns jedenfalls gut gerüstet, weil wir den Fokus auf den Endverbraucher und das Werkstatterlebnis richten. 

Im Reifenfachhandel sieht die Situation aktuell generell nicht so schlecht aus. Der BRV sieht für Filialisten aber Herausforderungen struktureller Art. Die nicht gebundenen Händler konnten laut BRV-Betriebsvergleich ihren Rohertrag besser entwickeln. 

Christian Mielacher: Auch wir sind mit den Erträgen, die erwirtschaftet wurden, zufrieden. Wir sind deutlich stärker als im letzten Jahr. Das liegt teilweise an Veränderungen von Businessmodellen. Es liegt auch daran, dass wir im Kfz-Service eine gewisse Stärke erlangt und Fenster geschlossen haben. Dieser Zuwachs am Kfz-Service liegt auch daran, dass wir gezielt Personal aufnehmen, das dieses Fenster schließen kann und wir mit Schulungen, mit guten Partnerschaften, mit Lieferanten uns auch beim Thema Training massiv weiterentwickelt haben. 

Driver_Werkstatt
Die Reifenwechsel-Saison lief Anfang Oktober zum Redaktionsbesuch in der Driver-Filiale Bad Godesberg langsam an. Foto: Kay Lehmkuhl

Steigende Personalkosten und Energiekosten konnten Sie also relativ gut abfedern. Der BRV kommuniziert im letzten Betriebsvergleich für den Autoservice-Bereich bei seinen Mitgliedsbetrieben ein Plus von 8,7 Prozent. Können Sie diese Größenordnung bestätigen? 

Christian Mielacher: Unseres liegt noch darüber. Ja, wir sehen auch strukturelle Herausforderungen und steigende Kosten – und besonders den Fachkräftemangel. 

Wie begegnen Sie diesem, und was sind sonst strukturelle Herausforderungen, auf die Sie als Handelsorganisation den Fokus richten?

Christian Mielacher: Also für uns ist eine Kernaufgabe, folgende Fragen klug zu beantworten: Wie schauen Businessmodelle der Zukunft aus? Sind wir in unseren Businessmodellen noch immer so strukturiert, dass wir die Zukunft positiv bewältigen können? Dies führt zu Entscheidungen und einer klaren Ausrichtung. Personaltechnisch gibt es gewiss große Herausforderungen. Wir leben vom Handwerk. Wir versuchen, gegen den Fachkräftemangel zu wirken, indem wir ausbilden. Etwa 10 Prozent der Mitarbeiter im Driver-Verbund sind Azubis. Wir haben beispielsweise international Projekte gestartet, um Mitarbeiter zu rekrutieren. Durchaus mit Erfolg. Wir brauchen Kontinuität im Personal, dementsprechend ist es noch wichtiger, dass wir Mitarbeiter motivieren, selbst ausbilden und beispielsweise mit Teambuilding-Maßnahmen Anreize schaffen: Kurz: Generell einen Arbeitsplatz kreieren, in dem man sich wohlfühlt. 

Und beim Recruiting spielt Social Media eine große Rolle?

Christian Mielacher: Absolut. Ohne Social Media funktioniert Recruiting heutzutage nicht mehr. Wir haben aktuell eine Imagekampagne gestartet, die Driver in Szene setzt und zeigt, in welchem Unternehmen man als Mitarbeiter einsteigt. 

Lassen Sie uns detailliert auf die Driver-Kundschaft und die Potenziale blicken. Im gewerblichen Teil sind diese besonders groß, oder? 

Christian Mielacher: Wir haben einen sehr hohen Anteil an gewerblichen Kunden. Eine Herausforderung ist der grundsätzliche Bezug zum Fahrzeug der jungen Generation. Da sind gewisse Grundwerte der Vergangenheit und Besitztum nicht mehr in Stein gemeißelt. Und auch die allgemeine Kilometerleistung ist rückläufig. Wir versuchen, darauf zu reagieren und jede Entwicklung im Mobilitätsverhalten abzudecken. Es ist für uns notwendig, in der Flotte stark zu sein und bei allen Carsharing-Institutionen aktiv zu sein. Dort spielt aktuell die große Musik. 

Wir erleben eine Komplett-Transformation der Branche. Als Systemzentrale muss man weitsichtig agieren und im Servicegeschäft schnell nachjustieren können. 

Christian Mielacher: Ich glaube, dass es wichtig ist, einen roten Faden zu haben. Aber ja, du musst trotzdem mit einer gewissen Regelmäßigkeit kontrollieren, ob Entscheidungen noch immer passend sind. Wir tun dies heute häufiger, als dies vor zehn Jahren der Fall war. Es gibt aktuell starke Veränderungen und einen sehr kurzatmigen Rhythmus in der Branche. Das heißt für uns, sehr wach zu sein und die Signale des Marktes rechtzeitig zu sehen.

Eine stärkere Preissensibilität ist auch im eigentlichen Premium-orientierten deutschen Markt zu beobachten. Beobachten auch Sie innerhalb des Driver-Netzes diesen Trend?

Christian Mielacher: Besonders im Flotten- und Leasingbereich gibt es immer wieder Anfragen nach preisgünstigen Marken. Aber wir beobachten auch, dass wir in diesem Jahr den Pirelli-Anteil gesteigert haben, während der Budgetbereich eher rückläufig ist. Für uns als Handelsorganisation ist der Qualitätsanspruch dermaßen hoch, dass wir auch in der Beratung in diese Richtung zielen. Der Preis darf nicht die erste Rolle spielen, sondern wir praktizieren eine Qualitätsberatung.

Kunden mit negativen Erlebnissen im Servicegeschäft wirken als Multiplikatoren besonders stark. Wie begegnen Sie dem?

Christian Mielacher: Wir nehmen jede Reklamation, jede Kritik irrsinnig ernst. Bei jeder negativen Rückmeldung nehmen wir Kontakt auf, um den Sachverhalt zu verstehen und zu klären. Es gibt Situationen, auch in unseren Betrieben, die besser hätten laufen können. Dort versuchen wir, mit Kulanzlösungen wieder in die richtige Spur zu kommen. Aber wir versuchen wirklich, jeden Einwand eines Kunden aufzuarbeiten. Fehler können passieren, aber extrem wichtig ist, wie du reagierst und mit der Situation umgehst. Und ich denke, das machen wir in der Driver-Organisation generell zwischenmenschlich sehr korrekt, professionell und kundenorientiert. 

Der Trend zu All-Season-Produkten hält an, oder?

Christian Mielacher: Ja, wir haben teilweise Regionen, in denen wir bei bis zu 50 Prozent Ganzjahresreifen in der Vermarktung liegen. Die Nachfrage nach All-Season-Produkten hat in den letzten 5 bis 7 Jahren massiv zugenommen. Wir sehen jetzt momentan aber eine gewisse Stabilisierung dieser Entwicklung. Und es gibt unverändert Regionen, wo Sommer- und Winterreifen die beste Empfehlung sind. 

Wir haben über Netzwerk-Standorte gesprochen, flächendeckend. Da, wo es vielleicht noch weiße Flecken gibt. Gibt es eine Zielvorgabe, die kommuniziert werden kann? 

Christian Mielacher: Man könnte jetzt vollmundig eine Zielvorgabe aussprechen, aber für uns wäre dies strategisch nicht richtig. Weil wir eine ganz klare Vorstellung davon haben, was unsere Betriebe leisten sollen und in welchen Gebieten wir unser Netzwerk erweitern möchten. Es muss einfach passen, hinsichtlich aller Parameter: Fläche, Lage und Verkehrsanbindung, Qualität. Wir wollen hier keine Kompromisse eingehen. 

Vincenzo Bonaffino
Pirelli_Reifenlager

Ähnliche Artikel

Jürgen Walter Euromaster
19.06.2024, 08:43 9 Min.
“Es gibt ein riesiges Potenzial in Deutschland”
TTC: Euromaster formuliert Wachstumsambitionen
Alfred Wolff point S
02.09.2024, 04:21 3 Min.
“Wir können nur ermutigen, sich die Stundenverrechnungssätze aus dem Autohaus-Segment anzuschauen”
point S-Geschäftsführer Alfred Wolff im Interview
Pneuhage Flottengeschäft
21.08.2024, 09:33 4 Min.
Servicekompetenz in einer digitalen Flotten-Zukunft
Pneuhage Fleet Solution GmbH
Helge Kiebach KTI
02.10.2025, 15:25 5 Min.
„Grundlegende Kenntnisse der Assistenzsysteme sollten bei allen Mitarbeitern vorhanden sein”
KTI-Experte Helge Kiebach im Interview