Bessere Testszenarien und die Vorhersehbarkeit und Berechenbarkeit komplexer Verkehrssituationen sind Schlüsselfelder, um Autonomes Fahren auf unseren Straßen Realität werden zu lassen. Welchen Einfluss wird KI künftig auf Fahrzeugtests haben?
Felix Kocksch: Grundsätzlich sehen wir großes Potenzial in der Verwendung von KI im Rahmen von Fahrzeugtests. Da nach unserer Meinung der Kern der Absicherung aber deterministisch erfolgen muss, kommt der Einsatz von KI insbesondere in der Bearbeitung von unterstützenden Prozessschritten in Frage. Ein Beispiel wären etwa Vorarbeiten für die Auswahl von Testszenarien. Um einen solchen konsistenten Absicherungsfall festzulegen, gilt es mehrere komplexe Teilaspekte zu kombinieren – auf welcher Strecke, unter welchen Bedingungen, mit welchen weiteren Verkehrsteilnehmern – und dabei vielfältige Randbedingungen zu Grunde zu legen. Hinsichtlich Spezifikationen, Normen, Regularien, vorangegangene Simulationsstudien, verfügbare Teststrecken oder adressiertem Funktionsanwendungsbereich ODD. Dieser Schritt erfordert umfassende Kenntnisse grundlegender Dokumente sowie die sinnvolle Kombination nahezu unendlicher Möglichkeiten in der Testgestaltung, wofür sich der Einsatz von KI anbietet. Außerdem ist das Ergebnis vor der Umsetzung im Test jeweils durch einen Experten überprüfbar, wodurch dieser Einsatz von KI nicht unmittelbar sicherheitskritisch für unseren Testbetrieb ist.
Eine weitere Möglichkeit wäre die ergänzende Auswertung der aufgezeichneten Daten aus den Testfahrten mit KI. Primär überprüfen wir zuvor definierte Ergebnisgrößen, zu welchen je nach Testfall deterministische Metriken erstellt werden. Es ist jedoch denkbar, die erfassten Messsignale zusätzlich auch durch KI bewerten zu lassen. Hierdurch können zum einen Unregelmäßigkeiten im Versuchsablauf frühzeitig erkannt werden, was eine direkte Analyse und Wiederholung der Versuchsfahrten ermöglicht. Zum anderen können auch explorative Funktionsbewertungen außerhalb der deterministischen Versuchsbestandteile – zum Beispiel während der Einfahrphasen oder der Anfahrt bis zur Testgeschwindigkeit – erfolgen und so Hinweise für weitergehende Untersuchungen liefern.
Nutzen sie die Möglichkeiten von KI bereits auf dem Dekra-Testareal am Lausitzring?
Felix Kocksch: Wir in der Fachgruppe ADAS/AD setzen aktuell ausschließlich deterministische Methoden ein, um eine unabhängige und nachvollziehbare Bewertung von Fahrfunktionen durchführen zu können. Die von uns erzeugten Daten stellen für unsere Kunden allerdings teilweise auch eine Informationsquelle für deren KI-basierte Entwicklungsschritte dar. Für uns selbst sind oben denkbare zukünftige Anwendungsfälle beschrieben.
In einem geschützten Raum für Fahrzeugtest auf dem Dekra-Gelände lassen sich grundlegende Situationen simulieren. Für die flächendeckende Einführung des autonomen Fahrens ist aber auch der Testeinsatz unter Realbedingungen im Straßenverkehr eine entscheidende Entwicklungsstufe. Angesichts der Komplexität, ein Fahrzeug oder System Verkehrssituationen über Sensorik erkennen oder antizipieren zu lassen – brauchen wir hierfür ein Tempolimit in Deutschland?
Felix Kocksch: Aus technischer Sicht erleichtern geringere Geschwindigkeiten und geringere Geschwindigkeitsdifferenzen zwar die Umsetzung automatisierter Fahrfunktionen, dennoch ist ein Tempolimit kein Allheilmittel mit Blick auf die vielfältigen Herausforderungen, die für das automatisierte Fahren zu bewältigen sind. Die Entwicklung automatisierter Funktionen muss sich an den geltenden Regularien orientieren. Lest den kompletten Text in unserer Zeitungsausgabe.