Werksschließungen bei Michelin

IG BCE und Betriebsräte präsentieren Alternativkonzepte

Reifenwerk Michelin TrierDas Reifenwerk von Michelin in Trier steht vor dem Aus.   Foto: Michelin

Zu den Alternativkonzepten für Michelin-Werke teilt Matthias Hille als Konzernbetreuer der Gewerkschaft IG BCE mit: „Wir sind nicht bereit, falsche Weichenstellungen zu akzeptieren, die Tausenden die Existenzgrundlage nehmen. Durch diese alternativen Konzepte kann der Stellenabbau deutlich reduziert werden und die Werke des Reifenherstellers können erhalten bleiben. Wir können darin überzeugend darlegen, dass die vom Michelin-Konzern geplanten Schließungen und der drastische Personalabbau mit dem Wegfall von insgesamt mehr als 1.500 Stellen nicht nur sozial unverantwortlich, sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen inakzeptabel wären.“ Im Detail sehen die Konzepte die Bildung von Kompetenzzentren und höher spezialisierten Fertigungen vor, um im Wettbewerb besser bestehen zu können sowie die Zusammenlegung von Werken und die Reduktion der Beschäftigtenzahl, um Kosten zu senken. 

Michelin plant die Produktion an deutschen Standorten schrittweise einzustellen, die Werke in Karlsruhe bis Ende 2025 und Trier bis Ende 2024. Betroffen ist auch der Standort Homburg, an dem die Produktion von Neureifen und Halbfabrikat-Produkten eingestellt wird. Das bisher in Karlsruhe angesiedelte Kundenzentrum soll nach Polen verlagert werden. Die Begründungskette ist bekannt: Der Marktdruck verschärft sich durch Importe von Lkw-Billigreifen aus Niedriglohnländern und steigende Produktionskosten. Vertreter:innen der Belegschaft argumentieren dabei durchaus konsistent gegen die Werksschließungen – gerade auch mit Blick auf den von Michelin so häufig postulierten Anspruch einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft. Lukas Kopaczewski, Betriebsratsvorsitzender des Werks Karlsruhe, betont, dass der Standort bereits im Jahr 2025 CO2-neutral produzieren könne: „Es wäre wirtschaftlicher Unfug, das innovative Werk Karlsruhe komplett stillzulegen und auf das einzigartige Wissen und Potenzial unserer Belegschaft zu verzichten.“ Kopaczewski Vorschläge lauten: Den Standort mit reduzierter Belegschaft fortführen, eine Talentschmiede etablieren und sich im Bereich der Leicht-Lkw- und Lkw-Reifen weiter spezialisieren. 

Fragwürdig scheinen die Pläne des Michelin-Managements auch hinsichtlich des Aspektes Servicequalität. Das Kundenzentrum soll wie erwähnt nach Polen abwandern. Jens Neubauer, Betriebsratsvorsitzender des Vertriebs, der Logistik und den Zentralbereichen, äußert sich hierzu wie folgt: „Meine Kolleginnen und Kollegen haben eine jahrelange, teils jahrzehntelange Erfahrung im Umgang mit unseren Kundinnen und Kunden und Produkten, aber auch mit den speziellen und komplexen IT-Systemen. Bei der geplanten raschen Verlagerung nach Polen sind Erfahrungsverluste und Auswirkungen auf unsere Kundinnen und Kunden wohl unvermeidbar.“ 

Der Qualitätsanspruch wird auf Management-Ebene oftmals der Effizienztrimmung untergeordnet. Auch diesbezüglich gibt es relevante Gedanken zur Analyse für die Wulstkernfertigung im Trierer Werk des Reifenherstellers seitens des Betriebsrates. Der Betriebsratsvorsitzende Stefan Bungert berichtet, dass das Werk in Trier in allen wesentlichen Kennzahlen deutlich besser liege als andere Standorte in Europa mit vergleichbarer Produktion. Zusätzlich weise es die mit Abstand niedrigsten Herstellungskosten bei bester Qualität auf. Auch hier präsentiert die Arbeitnehmervertretung konkrete Vorschläge – das Werk in Trier solle als Betriebsteil von Bad Kreuznach weitergeführt und zusätzlich als Kompetenzzentrum zur Wulstkernherstellung ausgebaut werden. Die Argumentation zielt auch für den größten der betroffenen Standorte in Homburg auf den Qualitätsanspruch. Der dortige Betriebsratsvorsitzende Hans-Joachim Jordan fordert die weitere Stärkung und den Ausbau der Runderneuerung von Lkw-Reifen, sowie die Fortführung der Neureifenproduktion und der Abteilungen Halbfertigprodukte mit reduzierter Mannschaft, bei einer klaren Fokussierung auf die anspruchsvollen Reifendimensionen. „Michelin produziert in Homburg auf den modernsten Anlagen der Welt Lkw-Reifen. Diese Anlagen nicht weiter zu nutzen, verstößt gegen jede wirtschaftliche Vernunft“, so Jordan. Aus der Michelin-Führung ist derweil zu vernehmen, dass die alternativen Vorschläge der Arbeitnehmervertreter „ergebnisoffen“ in den nächsten Wochen geprüft würden. 

Lest auch den Artikel "Quo vadis, deutsche Reifenindustrie?"

Ähnliche Artikel

Michelin Homburg
Michelin lehnt Alternativkonzepte ab und will Werke wie geplant schließen
Verhandlungen über Sozialplan gestartet
Demo gegen Werksschließungen Reifenindustrie
Arbeitnehmervertreter kritisieren “wenig glaubwürdige Strategie" bei Werksschließungen
“Kasseler Erklärung”
Dampfkessel Reifenproduktion
CO2-neutrale Produktion im Conti-Reifenwerk in Lousado
Reifenproduktion
Pirelli Breuberg
“Wir sind ein kleiner und agiler Spieler”
Pirelli in Breuberg