Verhandlungen über Sozialplan gestartet

Michelin lehnt Alternativkonzepte ab und will Werke wie geplant schließen

Michelin HomburgIn Homburg will Michelin künftig nur noch Reifen runderneuern, die Neureifenproduktion wird eingestellt.  Foto: Michelin

Im Herbst vergangenen Jahres hatte Michelin umfangreiche Stellenabbaupläne für seine deutschen Standorte vorgelegt. Mehr als 1.500 Beschäftigte an den Standorten Trier, Karlsruhe und Homburg sollten in diesem Zuge ihre Arbeitsplätze verlieren. Dagegen hatten Gewerkschafter wie auch Regionalpolitiker bis zuletzt gekämpft. Erst im Februar hatte die IG BCE gemeinsam erarbeitete Alternativkonzepte für die betroffenen Standorte präsentiert und Michelin mögliche Zukunftslösungen wie etwa die Bildung von Kompetenzzentren sowie die Zusammenlegung von Werke aufgezeigt. Die Arbeitnehmerseite zeigte sich darin gar zu einer teilweisen Reduzierung der Beschäftigtenzahl bereit. Nach einer damals zugesicherten “ergebnisoffenen” Prüfung ist nun klar: Die Vorschläge kommen für die Michelin-Konzernspitze nicht infrage, alle Vorschläge wurden abgelehnt. 

Die Beschäftigten in Karlsruhe, Homburg und Trier wurden bereits über die Entscheidung informiert. Enttäuschung und Frustration sind nicht nur bei den Mitarbeitenden groß. Matthias Hille, Konzernbetreuer der Gewerkschaft IG BCE, kritisiert: „Das Unternehmen hat überzeugende und wirtschaftlich vernünftige Ideen abgelehnt. Michelin macht die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den deutschen Standorten zum Opfer einer reinen strategischen Entscheidung. Ich persönlich bin sehr enttäuscht.“ Michelin fehle der Mut, die Durststrecke am Lkw-Reifenmarkt gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen zu überwinden. “Es zeigt sich immer mehr, dass es nur noch darum geht: Wo kann am preiswertesten in Europa ein Reifen hergestellt werden, damit noch mehr Geld verdient werden kann?“, so der Gewerkschafter. 

Arbeitnehmervertreter sind "zu allem bereit"

Ähnlich kritisch äußern sich die Arbeitnehmervertreter an den betroffenen Standorten. „Die Menschen vertrauen uns und darauf, dass wir ihre Interessen im Fokus haben. Sollte das Unternehmen auch beim Arbeitsplatzabbau den größtmöglichen Profit für sich einplanen und uns billig abspeisen wollen, haben wir unsere Leute jederzeit hinter uns. Wir sind zu allem bereit, um für gute Zukunftsperspektiven zu kämpfen”, versichert der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Lukas Kopaczewski, der als einer von rund 480 Mitarbeitenden selbst vom Arbeitsplatzverlust in Karlsruhe betroffen ist. 

„Es müssen über 60 Punkte in den Verhandlungen besprochen werden und wir Homburger werden ein starkes Augenmerk darauflegen, dass nicht nur für die 880 betroffenen Beschäftigten ein sehr guter Sozialplan verhandelt wird, sondern auch, dass unsere Standortleitung alles dafür tut, damit die verbleibenden Kolleginnen und Kollegen eine langfristige Perspektive haben“, ergänzt der Betriebsratsvorsitzende Hans-Joachim Jordan.

Die seitens der Michelin-Verantwortlichen bestätigten Maßnahmen sehen auch vor, dass das Kundenzentrum von Karlsruhe nach Polen verlagert wird. Ein klarer Fehler, wie Jens Neubauer, Betriebsratsvorsitzender Vertrieb, Logistik und den Zentralbereichen. meint: “Wir glauben nicht daran, dass Michelin unsere Expertise auch nur annähernd in den kommenden Monaten in Warschau aufbauen kann.” Auch Stefan Bungert, Betriebsratsvorsitzender des Trierer Standortes, hat kein Verständnis für die Pläne der Chefetage. Gemeinsam mit seinen Kollegen und Kolleginnen fordert er “einen Sozialplan, der einem Marktführer mit Milliardengewinnen gerecht wird.” Die Verhandlungen zum Interessenausgleich und einem möglichen Sozialplan haben am 14. März begonnen. Gewerkschaftsangaben zufolge werden diese voraussichtlich mehrere Wochen andauern.

Lest auch die Anfang März von verschiedenen Betriebsräten verabschiedete "Kasseler Erkläung" zur Zukunft von deutschen Reifenwerken.

Ähnliche Artikel

Demo gegen Werksschließungen Reifenindustrie
Arbeitnehmervertreter kritisieren “wenig glaubwürdige Strategie" bei Werksschließungen
“Kasseler Erklärung”
Reifenwerk Michelin Trier
IG BCE und Betriebsräte präsentieren Alternativkonzepte
Werksschließungen bei Michelin
Pirelli Breuberg
“Wir sind ein kleiner und agiler Spieler”
Pirelli in Breuberg
Peter Gulow Nexen Tire
“Durch das Werk in Europa sind wir in der Lage, unsere Produktpalette zu diversifizieren”
Peter Gulow im Interview mit Automotive Insights