ADAC-Winterreifentest Teil 1

Premium überzeugt, Budget fällt durch

Der Dunlop Winter Sport 5 entscheidet den ADAC-Winterreifentest 2023 in der Größe 205/60 R16 H für sich.  Foto: Goodyear

Traditionell veröffentlicht im Herbst auch der ADAC die Ergebnisse seines Winterreifentests, wobei der Club wie gewohnt gleich zwei Dimensionen für unterschiedliche Fahrzeugklassen geprüft hat. 16 Reifen traten in 205/60 R16 H, einer ausgesprochen populären Dimension sowohl für zahlreiche kleine SUV als auch für viele Fahrzeuge der Mittelklasse, gegeneinander an. Der ADAC hatte hier wohl mehr die SUV-Modelle im Blick, denn die Pneus mussten sich an einem VW T-Roc bewähren. Dabei machten sieben Fabrikate eine “gute” Figur und nur zwei Modelle fallen gänzlich durch. Die Bilanz ist also gar nicht schlecht. (Die Resultate der zweiten Testdimension 225/45 R17 lest ihr hier.)

Auswahl und “neues Bewertungsschema”

Die Methode zur Auswahl der Testprodukte hat der ADAC deutich stärker standardisiert als andere Testinstanzen. Ein Einfluss der Reifenhersteller soll ausgeschlossen werden, postuliert der Club in seinen Testkriterien, Maßstab seien die Verhältnisse am Markt: “Ziel ist es, die gesamte Preisspanne von der Premiummarke bis zum günstigen Preissegment abzubilden". So sind als Vertreter der Premiumgattung der Michelin Alpin 6, der Bridgestone Blizzak LM005, der Goodyear UltraGrip 9+ und der Continental WinterContact TS870 P am Start, womit zugleich die vier weltgrößten Hersteller schon genannt wären. Diese bringen zudem auch ihre Zweitmarken mit ein: Im Tesfeld finden sich der Dunlop Winter Sport 5 und der Fulda Kristall Control HP 2 (beide Goodyear), der Firestone Winterhawk 4 (Bridgestone), der BF Goodrich G-Force Winter 2 und der Kleber Krisalp HP3 (beide Michelin) sowie der Barum Polaris 5 und der Uniroyal WinterExpert (beide Continental). Mit von der Partie sind dann noch der Vredestein Wintrac, der Falken Eurowinter HS02, die beide Qualitätsmarken vertreten sowie die koreanische Premiummarke Hankook mit ihrem Winter i*cept RS3. Die günstige Preisschiene vertreten lediglich der Lassa Snoways 4 aus türkischer und der Austone Athena SP-901 aus chinesischer Produktion. Diese Aufzählung zeigt ein deutliches Übergewicht an Premium- und Qualitätsmarken, weshalb sich beriets jetzt eine gute Gesamtbilanz in den Ergebnissen erwarten lässt.

Für den Vergleich der Kandidaten in diesem Winterreifentest hat der ADAC ein neues Bewertungsschema angewendet, das noch besser aufzeigen soll, “welche Stärken und Defizite die verschiedenen Reifenmodelle aufweisen". Dieses Schema beruht auf den beiden Säulen "Fahrsicherheit" und "Umweltbilanz.” Die Fahrleistungen – damit sind die Testergebnisse in den klassischen Disziplinen im Schnee sowie auf trockener und nasser Fahrbahn gemeint – bestimmen die Gesamtnote zu 70 Prozent, während die Umweltbilanz zu 30 Prozent in die Gesamtnote eingeht. Die Umweltbilanz wiederum setzt sich aus plausiblen Disziplinen wie Laufleistung (40 Prozent), Reifenabrieb (20 Prozent) und Geräusch (10 Prozent) zusammen. Kriterien wie Effizienz (20 Prozent) und Nachhaltigkeit (10 Prozent) sind allerdings weniger eingängig und bedürfen einer Erklärung. Dazu nur kurz: Hinter Effizienz verbirgt sich der fahrdynamische Einfluss des Reifengewichts und seine Auswirkung auf den Kraftstoffverbrauch. Noch schwerer nachzuvollziehen ist die Disziplin Nachhaltigkeit. Hier spielt eine solche Vielzahl an Aspekten eine Rolle – etwa das Herstellungsland samt zugehöriger Lieferwege, das Umweltmanagement der Hersteller oder auch die Beteiligung am UN Global Compact –, dass es nur wenig transparent ist, wie hier eine Beurteilung zustande kommt.

Ausgewogenheit ist Trumpf

Die Bilanz dieses Winterreifentests kann sich sehen lassen: Zu den sieben "guten" Pneus gesellen sich ebensoviele “befriedigende”, währen die Note “ausreichend” gar nicht vergeben wird. Wie oben erwähnt, fallen lediglich zwei Profile mit der Einstufung "mangelhaft" ab. Dabei trifft es die beiden günstigsten Pneus, den Lassa Snoways 4 und den Austone Athena SP 901, die beide “aufgrund ihrer Schwächen in der Fahrsicherheit" abgestraft wurden. Dies geschieht jedoch aus unterschiedlichen Gründen: Der Lassa zeigt eine “besonders schlechte" Performance auf Schnee, was einem Winterreifen natürlich nicht ansteht. Der Austone wiederum versagt auf nasser Fahrbahn und lieferte “die schlechtesten Ergebnisse im Handling, die längsten Bremswege und die schlechtesten Aquaplaning-Eigenschaften".

Im Gegensatz dazu wissen gleich sieben Reifenmodelle, vorzugsweise aus dem Premiumsegment, zu überzeugen. Das Urteil “gut” verdienen sie sich insbesondere wegen ihrer Ausgewogenheit. Das bedeutet, sie geben sich in keiner Disziplin eine Blöße, können also “uneingeschränkt empfohlen” werden. Trotzdem rät der ADAC zu einem “Blick in die Detailbewertung, weil sie in Nuancen etwas untersciedliche Schwerpunkte setzen.” So zeigen sich der Dunlop Winter Sport 5 und der Michelin Alpin 6 stark auf trockener Fahrbahn, was sie etwa für lange Autobahnfahrten besonders tauglich macht. Zudem punkten beide mit den höchsten Laufleistungen unter den "Glorreichen Sieben". Auf Nässe dagegen setzt der Bridgestone Blizzak LM005 mit dem kürzesten Bremsweg den Maßstab, dicht gefolgt vom Firestone Winterhawk 4 und dem Goodyear UltraGrip9+. Der Hankook Winter i*cept RS3 entwickelt seine Stärken auf winterlicher Fahrbahn und der Continental TS870 P “liegt mit guten Leistungen in allen Disziplinen” ausgewogen in der Mitte.

Dahinter folgen weitere sieben Reifenmodelle mit der Note “befriedigend”, die sich diese Note aufgrund ihrer Leistungen im Kapitel Fahrsicherheit einhandeln. Defizite auf trockener Fahrbahn sind etwa ein Grund für die Abwertung der Kandidaten Kleber Krisalp HP3, Barum Polaris 5, Vredestein Wintrac und Uniroyal WinterExpert. Bei anderen wiederum hapert es an der gerade im Winter wichtigen Performance auf Nässe. Hier lassen der BF Goodrich G-Force Winter 2 und der Fulda Kristall Control HP2, aber auch die Vertreter von Kleber, Barum und Uniroyal Wünsche offen – so etwa im Nasshandling oder durch verlängerte Bremswege. Probleme auf winterlicher Fahrbahn offenbaren der Falken Eurowinter HS02 und auch der Barum Polaris, die "in der Summe ihrer Wintereigenschaften nicht über ein befriedigendes Resultat” hinauskommen. 

Mit “ausreichend” wird kein Reifen benotet, sodass die Leistungschere weit auseinander geht. Dies zeigt sich in den teils dramatischen Unterschieden beim Nassbremsen. Wenn der Bridgestone nach einer Vollbremsung bereits steht, rauscht der Austone noch mit knapp 40 km/h an ihm vorbei. Auch in Sachen Umweltbilanz sind die Unterschiede heftig. Für den Fulda-Vertreter errechnet der ADAC eine Laufleistung von gut 56.000 Kilometern, während der Uniroyal bereits nach 37.000 Kilometern die gesetzliche Mindestprofiltiefe von 1,6 mm erreicht. Basierend auf diesen Zahlen und der Annahme einer jährlichen Fahrleistung von 15.000 Kilometern – und davon wiederum die Hälfte auf Winterreifen –, rechnen die ADAC-Verantwortlichen vor, dass “man den Fulda knapp acht Jahre fahren” kann, bis der Reifen auf 1,6 mm abgefahren ist. Dagegen halte der Bridgestone nur fünf Saisons. Allerdings empfiehlt der ADAC auch Winterreifen schon ab einer Profiltiefe von 4 mm zu wechseln.

Fazit

Mit einem Großteil der in dieser Testgröße geprüften Reifen kann man im Winter sicher unterwegs sein. Dazu zählen vor allem die bekannten Marken aus dem Premium- und Qualitätssegment. Lediglich die beiden günstigen Kandidaten fallen durch. Allerdings kann der Test in seiner Auswahl der Produkte den Markt nicht spiegeln, denn gerade in den populären Größen ist das Angebot an günstigen Reifen besonders groß. Die wirklich guten Reifen sind in der Minderzahl. Welche das sind, zeigen die Tests. (ps/dw)

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