Elektromobilität
Wird der BYD-Hedin-Konflikt zur Blaupause?
Die Zusammenarbeit zwischen BYD und dem Importeur Hedin steht laut einem Bericht des Manager Magazins vor dem Aus. Der Konflikt könnte exemplarisch für die Schwierigkeiten chinesischer Automobilhersteller bei der Erschließung der europäischen Märkte werden. Es sei denn, man übernimmt den Importeur einfach – zumindest die deutsche Gesellschaft, wie es laut Handelsblatt nun geplant sein soll.
Mit aggressiver Preispolitik allein werden die chinesischen Management-Riegen nationale Befindlichkeiten und Differenzen bezüglich stockender Absatzzahlen kaum moderieren können. Es braucht Vertrauen in eine Marke – und dieses wird über Handelsakteure auf längerer Strecke gebildet. Vertrauen ist der Schlüssel zu langfristigem Erfolg in den europäischen Automobilmärkten. Der Stellenwert des Autos und auch die Kaufpräferenzen fallen in Europa von Land zu Land sehr unterschiedlich aus. Hinzu kommt, dass politische Handlungsträger über die Länder hinweg verschiedene Ziele, Gewichtungen und Geschwindigkeiten verfolgen. Sehr gut ist dies im Feld der Elektromobilität zu beobachten. In Norwegen werden schon bald mehr elektrisch angetriebene Autos über die Pisten rollen als Benziner. In Deutschland sieht dies noch völlig anders aus – und angesichts des in der Breite noch nicht ausreichend ausgeprägten Vertrauens der Verbraucher in Elektrofahrzeuge, gepaart mit Zweifeln hinsichtlich der Ladeinfrastruktur, stellt sich hierzulande noch keine profitable Dynamik ein. Politische Förderprogramme zur Ankurbelung dürften auf absehbare Zeit auch erstmal keine Priorität besitzen. Den wirksamsten Kaufanreiz liefert also die Attraktivität der elektrifizierten Modellpalette. Vertrauensvolle, stabile Partnerschaften und Kontinuität im Vertrieb wirken auf zweiter Ebene in substanzieller Weise.
Wie aber baut man Vertrauen und das Image einer Marke auf? Produktqualität, Pricing, cleveres Marketing, vor allem aber auch Verlässlichkeit und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Handelspartnern sind in Europa absolute Kernkriterien. Die Handelsebene organisiert die Verteilung und wirkt als zentrale Instanz in der Vermarktung. Es sei denn, man geht unmittelbar in den Direktvertrieb. Dieser Weg dürfte für chinesische Marken eben aufgrund des rudimentär ausgeprägten Vertrauens der Verbraucher in deren Produkte und ohne entsprechende Servicestruktur kaum erfolgversprechend sein. Es braucht die Gatekeeper für die europäischen Märkte. Und diese sind zu einem großen Anteil die Importeure, Distributeure und auch Servicebetriebe, deren Arbeit auf das Image einer Marke langfristig einzahlt. BYD will aber offenbar nun mit Wucht vorgehen. Laut Informationen des Manager Magazins soll eine Vertriebsorganisation mit deutlich mehr Händlern als bisher aufgebaut werden und ja, auch der Direktvertrieb forciert werden. Das Handelsblatt berichtet, dass ein Kauf der deutschen Hedin-Division bevorsteht, um so direkten Zugriff auf die hiesige Händlerschaft zu erhalten.
Bezüglich des Falls BYD und Hedin ist im Markt deutlich zu vernehmen, dass der Unmut des BYD-Managements in Richtung des Europa-Importeurs angesichts der enttäuschenden Verkaufszahlen entsprechend vehement adressiert worden sein soll. Es soll, wie das Manager Magazin berichtet, zu einem “schweren Streit” zwischen den Partnern gekommen sein. Zur Zusammenarbeit mit BYD und den Herausforderungen in der Bearbeitung chinesischer Marken richtete die Redaktion von Automotive Insights im Mai 2024 eine Anfrage an das Management der Hedin Automotive Deutschland. Diese blieb unbeantwortet – was sich angesichts des schwelenden Konflikts im Hintergrund plausibel erklären lässt. Im BYD-Kontext hatte es bereits im Jahr 2023 Unruhe rund um eine Personalie innerhalb der Hedin Mobility Group gegeben. Nach der Entlassung von Deutschland-Chef Lars Pauly wurde von mehreren Medien gemutmaßt, für den BYD-Eroberungszug brauche es neues Spitzenpersonal beim Importeur.
Der nun publik gewordene Konflikt zwischen BYD und dem Europa-Importeur Hedin lässt die Chinesen in keinem sonderlich guten Licht dastehen. Dass über mehrere Medien zudem die Hedin-Klage über verspätete Zahlungen die Runde macht, verstärkt den Imageschaden des Akteurs BYD auf Handelsebene noch. Reichlich Erklärungsbedarf und strategische Nachjustierungen sind seitens BYD-Managements erforderlich, um neue Handels-Partnerschaften zu bilden. Oder aber, ein vom Handelsblatt vermeldeter Kauf steht kurz bevor. Es sei eher eine Frage von Tagen als Wochen, heißt es in einem entsprechenden Bericht. Der mal formulierte Anspruch eines zehnprozentigen Marktanteils im Elektrosegment, scheint dennoch erstmal in weiter Ferne. Etwas über 4.000 Fahrzeugeinheiten der Marke BYD wurden im Jahr 2023 hierzulande verkauft. Viel zu wenig natürlich für den chinesischen Hunger. Und genau dieser Hunger, der oftmals mit einem dominanten Gebaren kombiniert für Irritationen auf Handelsseite sorgt, ist der Grund für den aktuellen BYD-Schluckauf. Die vollmundige Ankündigung von bis 2026 jährlich stramm über 100.000 verkauften Einheiten dürfte auch weiterhin Zielvorgabe sein.
Den europäischen Automobilmarkt priorisiert über Preisdominanz entwickeln zu wollen, ist aber zwei Schritte zu kurz gedacht. Die EU-Kommission hat Strafzölle für Elektroautos aus China von bis zu 36,3 Prozent festgesetzt, die spätestens ab Ende Oktober in Kraft treten sollen und dann vorerst für fünf Jahre gelten sollen. Es wird also auf absehbare Zeit noch schwieriger für chinesische Hersteller, in den europäischen Märkten zu punkten. Das Beispiel BYD und Hedin liefert viele Anhaltspunkte dafür, welche Grundsubstanz und strategisches Denken es braucht, um das zweifellos vorhandene Potenzial chinesischer Marken besser zu schöpfen. Ohne vertrauensvolle Partnerschaften und ein funktionierendes Servicenetz wird es sicher nicht funktionieren.