Ganzjahresreifen im Test

Bridgestone Turanza All Season 6 überzeugt

Die Reifentester Henning Klipp und Dierk Möller die Ganzjahresgummis in den Grenzbereich.   Foto: Bridgestone

Montiert an einem Audi Q5 fuhren die Reifentester Henning Klipp und Dierk Möller die Ganzjahresgummis in den Grenzbereich. Am Ende zeigen sich sehr unterschiedliche Ergebnisse: Neben vier “vorbildlich” bewerteten Kandidaten sind drei Teilnehmer offenbar “nicht empfehlenswert”. Insgesamt sind die Tester am Ende von Ganzjahresreifen aber durchaus begeistert. “Die wirklich guten Vertreter unter ihnen sind mittlerweile zu wahren Helden des Straßenverkehrs gereift”. 

Zwei Trends treffen aufeinander: Immer mehr SUV werden zugelassen, mittlerweile rollen deutlich über 5 Millionen Fahrzeuge dieser Art auf unseren Straßen, was einem Anteil von etwa elf Prozent entspricht. Und es könnten noch mehr werden, denn der Trend zu den Allradlern setzt sich weiter fort. Genauso wachsender Beliebtheit erfreut sich die Reifenart Ganzjahresreifen. Sie ersparen den zweimaligen Reifenwechsel im Jahr und zwar nicht nur bei SUV-Modellen. Kein Wunder also, dass auch das Angebot in den letzten Jahren immer weiter gewachsen ist. Kein Reifenhersteller will bei diesen Trends außen vor bleiben. Den Kunden kann’s freuen, wenn das Angebot groß ist und er aus dem Vollen schöpfen kann. Was bleibt, ist die Qual der Wahl. Aber hier helfen ja die Tests.

Was also nehmen die Tester mit auf den Testparcour? Premiumreifen sind dabei ein Muss im Querschnitt des Angebots. Die weltgrößten drei Hersteller schicken hier den Bridgestone Turanza All Season 6, den Goodyear Vector 4 Seasons Gen-3 SUV und den Michelin CrossClimate 2 SUV ins Rennen. Im Bunde der Großen vermissen wir allerdings die Marke Continental als viertgrößten Reifenproduzenten. Nicht ganz: Die Zweitmarke Uniroyal ist mit dem AllSeasonExpert 2 mit im Gepäck der Tester, ist aber eher dem mittleren Preissegment, auch Qualitätsmarken genannt, zuzuordnen. Ordentlich an Image gewonnen hat in den letzten Jahren die koreanische Marke Hankook, die den Kinergy 4S² X ins Rennen schickt. Konkurrenten in diesem Segment sind der Falken EuroAll Season AS 220 Pro, eine Marke des japanischen Sumitomo-Konzerns, der japanische Toyo Celsius AS2 sowie der seit geraumer Zeit dem indischen Apollo-Konzern zugehörige Vredestein Quatrac Pro+. Dem preiswerten Budget-Segment entnommen sind der Imperial All Season Driver, der in China produziert und von dem belgischen Großhändler Deldo als Eigenmarke in den Markt gebracht wird, sowie der taiwanische Kenda Kenetica 4S SUV KR 609. 

“Alleskönner” mit Spezialisten im Nacken

Tests von Ganzjahresreifen sind besonders aufwändig, umfangreich und teuer. Die Prüfung von Sommer- und Wintereigenschaften steht an. Die Bedingungen dazu sind nie gleichzeitig vorhanden, deshalb setzte sich die Testcrew samt Gepäck mal eben nach Neuseeland ab, um im Winter der Südhalbkugel den Schneeeigenschaften der Probanden auf den Zahn zu fühlen. Und um die Leistung der “Alleskönner” besser einordnen zu können, müssen sich die Kandidaten nicht nur gegen ihre Konkurrenten behaupten, sondern auch gegen einen Sommer- und einen Winterreifen. Die Sommereigenschaften mit Nass- und Trockenprüfungen standen dann wieder auf einem heimatlichen Prüfgelände im Hunsrück auf dem Programm. Am Ende musste jeder Kandidat inklusive Schnelllauftest 15 Prüfungen bestehen: Bremsen und Handling auf allen Untergründen sowie die Umweltkategorien Abrollgeräusch und Rollwiderstand oder Komfort, um nur einige der klassischen Disziplinen zu nennen.

Bridgestone und Michelin teilen sich den Sieg

Die Auswahl der Kandidaten offenbart am Ende der Tests ein breites Leistungsspektrum, bei dem sich erwartungsgemäß die Premiumreifen ganz vorne platzieren. So teilen sich der Bridgestone Turanza All Season 6 und der Michelin CrossClimate 2 SUV den ersten Platz und gehen beide mit der Note “vorbildlich” als Testsieger durchs Ziel. Das Testurteil zum Bridgestone: “Vorbildlicher Ganzjahresreifen mit beeindruckenden Fahrqualitäten unter allen Witterungsbedingungen”, den zudem “sehr kurze Nassbremswege” auszeichnen. Besser geht’s kaum. Da ist auch ein leicht “erhöhter Rollwiderstand” nicht mehr so tragisch. Und der Michelin ist ein “Allroundtalent mit ausgeglichenem Leistungspotenzial” bei überzeugender “Winter- und Trockenperformance”, dem auch das hohe Preisniveau, wie so oft bei Michelin, den Sieg nicht nehmen kann. Nur äußerst knapp dahinter teilen sich der Goodyear Vector 4Seasons Gen-3 SUV und der Hankook Kinergy 4² X den Platz 3 und komplettieren so das Premium-Quartett, das mit dem Testurteil “vorbildlich” durchs Ziel geht. Der Hankook brilliert mit “ausgewogenem hohem Leistungspotenzial, dynamische(m) Nass- und Schneehandling und ist obendrein noch günstig zu haben". Der Goodyear beweist sich als “Nässespezialist” und zeigt “gute Handlingqualitäten auf nasser und trockener Piste”. Mit dem Testurteil “gut” landet der Vredestein QuatracPro+ ebenfalls weit vorn, dessen “dynamisches Handling mit präziser Seitenführung auf nasser Piste” neben einem “kraftsoffsparendem Rollwiderstand” gelobt wird. Nur eine mäßige Leistung auf Schnee und beim Aquaplaning verhindert eine bessere Platzierung. Damit sind auch die Produkte genannt, die im Vergleich mit den Referenzreifen, sprich den im Test mitlaufenden Sommer- und Winterspezialisten, so die Tester, “nicht zu scheuen" brauchen.

Allerdings folgt einer breiten Spitzengruppe nur ein schmales Mittelfeld mit zwei Reifen, die das Testurteil “befriedigend” erhalten. Immerhin bietet der Falken EuroAll Season AS 220 Pro ein “ausgewogenes Fahrverhalten auf nasser und trockener Piste” bei günstigem Preis. Die Schwächen liegen in (nur) “befriedigenden Fahreigenschaften” auf Eis und Schnee. Der knapp dahinter platzierte Toyo Celsius AS2 hat seine Stärken im Aquaplaning und im Trockenbremsen sowie im günstigen Preis. Seine Schwächen liegen im “Handling im Schnee” und auf trockener Piste.

Das verbleibende Trio fällt durch im Reifentest. “Nicht empfehlenswert” lautet das Urteil. Da nutzen dem Conti-Ableger Uniroyal AllSeasonExpert 2 auch kein “kraftstoffsparender Rollwiderstand" und “guter Komfort”, wenn es an den Sicherheitseigenschaften mangelt: “Deutlich verlängerte Trockenbremswege” sind der Grund für die Abwertung. Beim Imperial All Season Driver, dem günstigsten Reifen im Testfeld, sind es “deutlich verlängerte Nassbremswege”, die das Testergebnis verhageln. Noch schlechter schneidet der Kenda Kenetica 4S SUV ab, dem unter anderem  “stark untersteuerndes Schneehandling” und “lange Nassbremswege” bescheinigt werden.

Die Qualität der Ganzjahresreifen ist in den letzten Jahren immer besser geworden und es ist erstaunlich, welches technisch hohe Niveau hier schon erreicht worden ist. Sie erfüllen die Vorgaben zur Winterreifenpflicht und machen den lästigen Reifenwechsel überflüssig. Die Guten unter den Alleskönner müssen sich nicht vor den Spezialisten verstecken, sondern können mit Sommer- und Winterreifen mithalten, wie die Tester betonen. Man muss eben nur wissen, welches die Guten sind. Und da helfen die Tests. (ps/kle)

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