AutoBild-Ganzjahresreifentest 2023

Fünf “vorbildliche” Optionen für das ganze Jahr

Teuer, aber dafür auch mit überzeugender Performance: der Michelin CrossClimate 2.  Foto: Michelin

Nicht weniger als 16 Teildisziplinen standen in den Finaldurchgängen auf dem Programm und dabei ist die Testcrew weit herumgekommen: Die Schneeprüfungen in den neuseeländischen Alpen auf dem SHPG-Testgelände, die Nass- und Trockentests auf dem ATP-Testgelände in Papenburg sowie dem Wachauring in Österreich. Für ihr Testfahrzeug, einen VW Golf, hatten die Prüfer dabei stets eine erhebliche Anzahl an Reifen der Dimension 225/45 R17 V/W/Y im Gepäck. 

16 Reifenprofile hatten sich für das Finale durch ihre Bremsleistung im Nassen und Trockenen qualifiziert und dabei 19 der ursprünglich 35 Wettbewerber in die Schranken verwiesen. Für diese ist nun die Zeit der Abrechnung gekommen. Nicht unerwartet liegen Premiumkandidaten wieder vorn. Mit anderen Worten: fünfmal "vorbildlich", dreimal "gut" und sechsmal “befriedigend” lauten die Urteile. Zwei Profile sind nur “bedingt empfehlenswert”.

Starkes Spitzen-Quintett

Dass die Premiummarken auf den ersten fünf Plätzen zu finden sind und auch preislich die oberste Liga bilden, ist wenig verwunderlich. Gleichwohl offenbaren sich einige Unterschiede. Testsieger wird der Michelin CrossClimate 2 mit der Gesamtnote 1,2, der als echter Ganzjahresreifen eine Art “Hans Dampf in allen Gassen” ist: Er überzeugt “mit vorzüglichen Fahreigenschaften auf Schnee und Eis”, durch “dynamisches Trockenhandling” sowie “gute Aquaplaningqualitäten”, setzt Lenkbefehle “präzise” um und bietet wie bei Michelin üblich eine “hohe Laufleistung”. Zwar hat dieses Gesamtpaket mit ca. 500 Euro auch seinen Preis, doch rüttelt das nicht am Prädikat “vorbildlich”. 

Auch dem zweitplatzierten Continental AllSeason Contact 2 schadet sein durchaus hohes Preisniveau (ca. 480 Euro) nicht. Schließlich ist der Pneu ganz offenbar sein Geld wert: Als “Alleskönner mit überzeugenden Winterqualitäten”überzeugt das Modell auch mit dynamischem Handling und kurzen Bremswegen auf nasser Piste. In puncto Laufleistung hält der Conti ebenfalls mit, nur seine “Tendenz zum Untersteuern” verweist ihn mit der Gesamtnote 1,3 knapp auf den zweiten Platz. 

Jeweils die Gesamtnote 1,4 erreichen gleich zwei Profile, sodass sich insgesamt vier Reifen auf dem Podium wiederfinden. Das ist zum einen der neue Bridgestone Turanza All Season 6, der als “Allroundtalent mit gutem Leistungspotenzial”, “kurzen Nass- und Trockenbremswegen” sowie einem agilen, sicherem Fahrverhalten bei jeder Witterung beschrieben wird. Der gleichrangige Vredestein Quatrac fällt als “Nässespezialist mit dynamischem Fahrverhalten bei jeder Witterung” und “sehr guten Aquaplaning-Reserven” auf. Dafür bleibt die Laufleistung jedoch nur durchschnittlich. In dieser Disziplin ist der fünfte im Bunde der “vorbildlichen” Pneus auch nicht besser. Aber das Gütesiegel sowie die Gesamtnote 1,5 verdient sich der Pirelli Cinturato All Season SF2 “mit dynamisch sicheren Fahreigenschaften auf nasser und trockener Piste”.

Deutliche Performance-Unterschiede

Das Urteil “gut” erhalten in diesem Test nur drei Profile: Als erster mit der glatten Note 2,0 bewährt sich der Goodyear Vector 4Seasons Gen-3 “mit überzeugend sicheren Fahreigenschaften bei jeder Witterung.” Gelobt werden außerdem seine “gute Schneetraktion” und die “sehr gute Laufleistung”, bemängelt hingegen die “verlängerten Trockenbremswege”. 

Mit guten Leistungen in sämtlichen Disziplinen folgt dahinter die Michelin-Zweitmarke Kleber mit dem Quadraxer 3 (Note 2,2): “Gute Fahrleistungen auf verschneiter und trockener Piste, sichere Aquaplaningeigenschaften”, aber “verzögertes Lenkansprechen” und "untersteuerndes Nasshandling” stehen in seinem Zeugnis. Auf dem gleichen Platz rangiert der koreanische Hankook Kinergy 4S2, der allerdings im Kapitel Kosten durch eine “sehr gute Laufleistung” herausragt und deshalb von AutoBild zum “Eco-Meister” gekürt wird. Die “verlässlichen Fahreigenschaften auf Schnee und Eis”, sowie ein “knackiges Einlenkverhalten” werden nur leicht getrübt durch “leicht verlängerte Nass- und Trockenbremswege”.

Es folgt eine breite Mittelschicht von sechs Profilen, die das Urteil “befriedigend” eint. Angeführt wird diese Gruppe von einer weiteren Marke aus dem Michelin-Konzern: Der BF Goodrich Advantage All Season landet mit einer 2,9 auf dem 9. Rang und erntet gemischte Kritiken. “Gute Traktion und kurze Bremswege auf Schnee”, sowie “sichere Aquaplaning-Qualitäten” stehen einem “untersteuernden Fahrverhalten auf Nässe” gegenüber. Auch das hohe Preisniveau – der Advantage All Season hat den gleichen Preis wie der Testsieger – bei nur mäßiger Laufleistung drückt die Gesamtnote auf 2,9. 

Insgesamt treten in diesem Wertungskorridor nun häufiger Schwächen zutage. Das zeigt sich auch am Kumho Solus 4S HA32+ (Note 3,1), der mit etwa 360 Euro deutlich günstiger zu haben ist. Die Tester halten ihm eine “gute Schneetraktion” und “sicheres Nass- und Trockenhandling” zugute, beklagen aber “mäßige Aquaplaning-Reserven” und “leicht verlängerte Nass- und Trockenbremswege”. Auch der Dunlop Sport All Season (Note 3,2) bietet zwar “ausgewogenes Handling auf nasser und trockener Piste”, die Note leidet aber durch “untersteuerndes Schneehandling, mäßige Aquaplaningeigenschaften” und “verlängerte Trockenbremswege”. 

Wiederum nur eine Zehntelnote schlechter schneidet der koreanische Nexen N’Blue 4Season 2 ab, dem “mäßige Reserven bei Aquaplaning” und "untersteuerndes Fahrverhalten bei Schnee und Nässe” angekreidet werden. Punkten kann er hingegen mit einem “ausgewogenen Trockenhandling” und einer “überragenden Laufleistung”. Genau entgegengesetzt verhält es sich beim Firestone Multiseason 2 aus dem Hause Bridgestone. Seine Stärken entwickelt er eher auf Schnee und nasser Piste, muss aber zugleich Abzüge für nur “mäßige Aquaplaning-Qualitäten” hinnehmen. Letzter in dieser Gruppe und damit insgesamt 14. wird der Toyo Celsius AS2. Der japanische Vertreter hat zwar beim Aquaplaning gute Karten, weist jedoch nur “durchschnittliche Winterqualitäten” auf. Darüber hinaus fallen noch “verlängerte Nassbremswege” und ein “untersteuerndes Handling” auf Schnee und Nässe negativ ins Gewicht. 

Beliebtes Segment mit breitem Leistungsspektrum

Für die beiden Schlusslichter Ceat 4 SeasonDrive+ und Falken EuroAll Season AS220 Pro auf den Rängen 15 und 16 reicht es nur für das Urteil “bedingt empfehlenswert”. Beim Ceat-Reifen liegt diese Bewertung in seinen “eingeschränkten Winterqualitäten” und “verlängerten Bremswegen auf Nässe” begründet. Defizite auf Schnee und Eis zeigt auch der Falken, der aber immerhin gute Nass- und Trockenbremswege auf die Piste bringt. Dennoch reicht es in der Endabrechnung nur für den letzten Platz.

Angesichts der teils deutlichen Differenzen im Leistungslevel der Kandidaten – vor allem auch im Vergleich zu den bereits ausgeschiedenen Kandidaten – konstatieren Dierk Möller und Henning Klipp: “Es ist nicht alles Gold, was glänzt.” Gleichwohl wächst die Beliebtheit von Ganzjahresreifen hierzulande, weil sie Kosten sparen und die Norm zur Winterreifenpflicht erfüllen. Mit Blick auf die Sicherheit haben vornehmlich die als “vorbildlich” eingestuften Reifen eine Mobilitätsgarantie. Aber auch mit dem ein oder anderen Produkt außerhalb dieser elitären Gruppe kommt man gut durch den Winter. (ps/dw)

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