Ausblick von Kreditversicherer Atradius

Trügerische Situation könnte zu mehr Insolvenzen bei Zulieferern führen

Automobilzulieferer InsolvenzDer Kreditversicherer Atradius rechnet mit einer steigenden Zahl an Insolvenzen unter den hiesigen Zulieferern.  Foto: MQ Illustrations - stock.adobe.com

2023 war mit Blick auf die Absatzzahlen für viele Autobauer Deutschlands ein gutes Jahr. VW, BMW und Mercedes-Benz verzeichneten teils deutliche Zuwächse. Grund für einen positiven Ausblick auf 2024 ist das jedoch nicht, wie Jens Stobbe, Risikoexperte und Automobilspezialist beim internationalen Kreditversicherer Atradius, berichtet: „Die Absatzzahlen sind trügerisch, die Situation der deutschen Automobilindustrie verschlechtert sich in diesem Jahr – insbesondere bei den Zulieferern, aber bald auch bei den Herstellern.“

Für die Zulieferer war bereits das vergangene Jahr kein einfaches. Ein Vielzahl an kommunizierten Sparprogrammen, Plänen zum Stellenabbau sowie Werksschließungen dokumentieren die ernste Lage. Zugleich belegen auch die Atradius-Zahlen diese Tendenz. Wie der Versicherer mit Blick auf die ihm vorliegenden Fälle mitteilt, stieg die Anzahl der Schadensfälle im Automotive-Zulieferbereich im Jahr 2023 gegenüber 2022 deutlich an. Jens Stobbe beziffert den Zuwachs auf einen zweistelligen Prozentsatz. Nachdem die Anzahl an Pleiten im Zulieferbereich bereits zuvor gestiegen war, wurde im vorigen Jahr das Vorkrisenniveau erreicht. 

Folgen auch im Tier-1-Bereich spürbar

Beim Kreditversicherer Atradius sieht man die Turbulenzen in der Abhängigkeit von den Herstellern und deren – ungeachtet der gesteigerten Absatzzahlen – verhaltenen Aussichten begründet. Ursächlich dafür wiederum seien der aktuell schwächelnde chinesische Markt sowie die Tatsache, dass der deutsche Markt zwar zulegen, nicht aber mit dem europaweiten Wachstum mithalten konnte. Zudem sei der “Bestellpuffer” in Form von Nachholeffekten inzwischen abgebaut. “Wir erwarten, dass die Verkäufe der Hersteller im Jahr 2024 sinken werden”, blickt Jens Stobbe voraus. 

Zu den Folgen für die Zulieferer führt der Experte aus: „Die Zulieferer erkennen, dass ihre Planungen unsicherer werden und dass sie gegensteuern müssen. Das wird die Insolvenzen unter den Zulieferern und der von ihnen verursachten Zahlungsausfälle weiter steigen lassen.“ Nachdem in den vergangenen Monaten überwiegend bei Tier-2- und Tier-3-Zulieferern ein Anstieg der Insolvenzen zu verzeichnen war, sieht der Kreditversicherer mit Blick auf Meldungen der jüngeren Vergangenheit auch Tier-1-Unternehmen voll von der allgemeinen Entwicklung erfasst

Spannungsfeld E-Mobilität

Negativ bemerkbar macht sich nach Atradius-Angaben in diesem Zusammenhang auch die gekippte Förderung für Elektroautos. In der gegenwärtigen Form seien die Preise für E-Fahrzeuge für Privatkunden wenig attraktiv. „Der wirtschaftliche Schaden dürfte größer sein als die Einsparungen durch die Subventionen“, prognostiziert Stobbe und fügt hinzu: „Das Ziel von 15 Millionen E-Autos in Deutschland ist vor diesem Hintergrund völlig unrealistisch.“ 

Was der Atradius-Spezialist dagegen für durchaus realistisch erachtet, ist eine verrstärkte Präsenz chinesischer Akteure auf dem deutschen und europäischen Markt. Deren vergleichsweise niedrige Preise seien ein klarer Kaufanreiz. Zudem würden die chinesischen Hersteller Fehler inzwischen schneller beheben und sich zügig den Marktgegebenheiten anpassen. „An vielen Stellen ist der Vorsprung westlicher Automobilhersteller gegenüber China bereits verlorengegangen“, so die mahnende Feststellung Stobbes. 

Ähnliche Artikel

Finanzen
VDA fordert Banken zu “differenzierterer Betrachtung des Automotive-Sektors” auf
Finanzierungsprobleme bei Zulieferern
Forvia Hella
Forvia will 13 Prozent aller Arbeitsplätze in Europa streichen
Programm für mehr Wettbewerbsfähigkeit
AdobeStock_Pkw
“Die Wirtschaft muss Vorbildcharakter haben“
VDA-Prognosen für 2024
ADAC-Pannenstatistik
ADAC-Pannenstatistik registriert “zunehmende Zuverlässigkeit von Elektrofahrzeugen”
Zahl der Panneneinsätze wächst insgesamt