VDA-Prognosen für 2024

“Die Wirtschaft muss Vorbildcharakter haben“

AdobeStock_PkwGemischtes Bild - für 2024 erwartet der VDA für den Pkw-Markt ähnliche Zahlen wie im Vorjahr. Bei den einzelnen Antriebsarten ist die erwartete Entwicklung jedoch unterschiedlich.   Foto: scharfsinn86 - stock.adobe.com

In konjunktureller Hinsicht zeichnen die Prognosen des Verbandes der Automobilindustrie für 2024 ein eher gemischtes Bild. “Für den deutschen Markt rechnen wir 2024 mit einem Rückgang von einem Prozent auf weiterhin 2,8 Mio. Einheiten. Das ist etwa ein Viertel weniger als im Vorkrisenjahr 2019”, führte VDA-Chefvolkswirt Dr. Manuel Kallweit im Rahmen der VDA-Jahrespressekonferenz aus. “Dabei gehen wir von einem niedrigeren Absatz von Elektro-Pkw aus (-9 Prozent auf 635.000 Einheiten). Während der Absatz von Plug-In-Hybriden (PHEV) um 5 Prozent auf 185.000 Einheiten steigen dürfte, gehen wir bei den rein batterieelektrischen Fahrzeugen (BEV) von einem Rückgang von 14 Prozent auf 451.000 Einheiten aus”.

Für den globalen Markt rechnet der Verband dagegen mit einem Zuwachs von zwei Prozent, womit das Niveau des Jahres 2019 fast wieder erreicht wäre. In Europa (U27, EFTA & UK) halten die Experten auch aufgrund des schwachen Vorjahresniveaus ein Plus von 4 Prozent für realistisch. Die Pkw-Inlandsproduktion wiederum erwartet der VDA auf dem Niveau des Vorjahres (ca. 4,1 Mio. Einheiten), wobei im Bereich der BEV ein Plus von einem Viertel prognostiziert wird. Ferner dürfte die Auslandsproduktion deutscher Konzernmarken auf 10,6 Millionen Pkw um 4 Prozent zulegen. Bezüglich des Exports wird ein leichter Anstieg um ein Prozent auf gut 3,1 Millionen Einheiten angenommen. 

Diverse Baustellen mit Auftrag an die Politik 

Dabei wird die Automobilindustrie nach Meinung von VDA-Präsidentin Hildegard Müller 2024 mit ähnlichen Schwierigkeiten umgehen müssen, wie bereits in der Vergangenheit. „Ein wettbewerbsfähiger, attraktiver, weltweit begehrter Standort ist die Grundlage für Wachstum und Wohlstand. Im zurückliegenden Jahr sind wir in vielen wichtigen Punkten nicht entscheidend weitergekommen: nicht in puncto wettbewerbsfähige Energiepreise, nicht beim Thema wettbewerbsfähiges Steuersystem, nicht beim Thema Bürokratieabbau. Rohstoff- und Energiepartnerschaften wurden kaum geschlossen, bei Freihandelsabkommen geht es praktisch nicht voran”, kritisiert Müller.

An die Politik stellt sie entsprechend klare Forderungen: “Die Politik muss wieder agieren und Herausforderungen im Vorhinein antizipieren: proaktiv handeln statt nachträglich reagieren. Wir brauchen eine moderne Mischung aus marktorientierter Wirtschaftspolitik und gestaltender Industriepolitik – gerade mit Blick auf internationale Entwicklungen. Subventionen können etwa zur Förderung von Zukunftstechnologien oder zur Stärkung der Resilienz als unterstützende Maßnahmen notwendig sein – Stichwort Halbleiter oder Batteriefabriken.“

Vorhandene Potenziale nutzen

Ungeachtet der Vielzahl an Herausforderungen verwies Hildegard Müller auch auf einige positive Aspekte, mit denen sich durchaus Zuversicht erzeugen lassen sollte. „Wir sind erfolgreich und weltweit führend – sei es z.B. beim automatisierten Fahren oder in Sachen Kreislaufwirtschaft – und sprechen zu wenig darüber. Wir können Innovation: Nicht umsonst liegen unsere Unternehmen bei Patentanmeldungen für Zukunftstechnologien international auf den vordersten Plätzen.“

Darauf aufbauend versicherte Müller in Bezug auf die Notwendigkeit einer zunehmend klimaneutralen Mobilität: „Deutsche Autos, Nutzfahrzeuge und auch Zulieferer genießen hohes Ansehen, weltweit. Wir werden alles dafür tun, damit das so bleibt und tätigen dazu immense Investitionen. Es ist unser Leitmotiv, den Weg zur Klimaneutralität engagiert voranzutreiben. Wir nehmen unsere Verantwortung zum Gelingen der Transformation an.” 

Großes Potenzial sieht die VDA-Präsidentin darüber hinaus in den Bereichen Software und Datennutzung. “Unsere Hersteller und Zulieferer bringen alle Voraussetzungen mit, um hier weltweit die Standards und Maßstäbe zu setzen”, ist Müller überzeugt. “Entscheidend ist auch hier, die richtige Balance zwischen notwendiger Regulierung und Chancennutzung zu finden.”

Verantwortung und Haltung zeigen

Die vorhandenen Möglichkeiten auszuschöpfen, indem Industrie und Politik gemeinsam agieren, ist nach Aussage von Hildegard Müller in den aktuellen Zeiten umso dringender. „Verliert Deutschland, verliert Europa weiter an Wirtschaftskraft, an Anziehungskraft, dann verlieren wir an Relevanz – in einer Welt, in der Europa und seine Wirtschaftskraft mehr denn je zum Gestalten und Eintreten für unsere Werte gefordert ist“, mahnt Müller.

Dies gelte umso im aktuellen Wahljahr und angesichts des Voranschreitens von Populismus und Extremismus in Deutschland. Der eindringliche Appell der VDA-Chefin: „Wir alle – und damit meine ich explizit auch die Wirtschaft – müssen für unsere Werte, für unsere Demokratie einstehen und Verantwortung übernehmen. Der Hebel ist da: Allein in den Unternehmen der deutschen Automobilindustrie sind etwa 780.000 Menschen beschäftigt. Und nicht nur in unseren Betrieben, sondern auch darüber hinaus müssen wir die Menschen ermutigen, sich klar zu positionieren. Die Wirtschaft muss Vorbildcharakter haben.“

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