Projekt Reassert

Schaeffler und Fraunhofer-Institut streben wiederverwendbare E-Motoren an

AdobeStock_eMotorIm Rahmen des Projekts Reassert soll der Prototyp eines für die Kreislaufwirtschaft ausgelegten E-Motors entwickelt werden.  Foto: Gorodenkoff - stock.adobe.com

Mit der steigenden Anzahl an Elektroautos nimmt auch die Anzahl produzierter Elektromotoren zu. Standardmäßig werden diese am Ende ihrer Nutzungszeit geschreddert, in die einzelnen Materialfraktionen sortiert und eingeschmolzen. Bei diesem rohstofflichen Recycling werden insbesondere Kupfer- und Aluminiumanteile zurückgewonnen, während insbesondere die Vertreter der sogenannten Seltenen Erden wie etwa Neodym verloren gehen. Darüber hinaus werden einzelne Komponenten und Baugruppen dabei zerstört und können daher – ebenso wie das häufig stark verschmutzte Recyclingmaterial – nicht mehr in neuen Motoren eingesetzt werden. 

Umso wichtiger ist nach Aussage von Julian Große Erdmann vom Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung IPA in Bayreuth die Verlängerung der Nutzungsphase der Motoren. “Innovative Werterhaltungsstrategien bieten im Sinne der Nachhaltigkeit ein großes Potenzial zur Reduktion von Emissionen”, erläutert der Wissenschaftler. An der Erforschung genau solcher Strategien arbeitet die Abteilung des Fraunhofer-Instituts gemeinsam mit Industriepartnern.

Minimierte Rohstoffgewinnung und weniger Importe 

Im Projekt Reassert entwickeln die Forschenden gemeinsam mit Schaeffler (Konsortialführer), dem Karlsruher Institut für Technologie KIT, der Bright Testing GmbH, der iFakt GmbH und der Riebesam GmbH & Co. KG Methoden, um Elektromotoren aufzuarbeiten und in Fahrzeugen wiederverwenden zu können. Das Vorhaben wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert. „Zusammen mit unseren Partnern setzen wir bei Reassert auf die Werterhaltungsstrategien ‚Repair‘, ‚Reuse‘ und ‚Remanufacture‘. Dadurch reduzieren wir den Verbrauch natürlicher Ressourcen und minimieren Abfallmengen“, erläutert Thomas Pfund, Leiter Geschäftsbereich E-Motoren bei Schaeffler. 

Unter Reuse verstehen die Projektpartner die Wiederverwendung des kompletten Motors in der Zweitnutzung, unter Repair den Austausch von defekten Komponenten und Baugruppen. Beim Remanufacturing werden alle Bauteile ausgebaut, gereinigt, aufgearbeitet und erneut eingesetzt. “Mit diesen Strategien benötigt man weniger Rohstoffe wie Seltene Erden, Kupfer und Co. Allenfalls benötigt man diese noch für Ersatzteile”, erläutert Julian Große Erdmann. Diese drei Optionen wollen die Projektpartner ebenso wie das werkstoffliche Recycling – also das sortenreine Demontieren des Motors vor dem Schreddern – als bevorzugte Alternativen zum Rohstoff-Recycling etablieren. Welcher Ansatz jeweils angewendet werden soll, wird nach Aussage der Beteiligten anhand von Referenzmotoren für den Pkw-Bereich analysiert. “Wir wollen ein Closed-Loop-System gestalten, in dem wertvolle Ressourcen wiederverwendet werden, um unabhängiger von Rohstoffimporten zu werden und die Rohstoffgewinnung zu minimieren”, fasst Große Erdmann zusammen.

KI-unterstützte Strategieauswahl 

Für freie Werkstätten ist die Instandsetzung von E-Motoren aufgrund der Komplexität und technischen Anforderungen aktuell eine große Herausforderung. Deshalb arbeitet das Konsortium an einer Lösung zur Aufbereitung von E-Motoren für eine weitere Nutzungsphase im Ersatzteilmarkt. Dafür entsteht im Rahmen des Projekts eine komplette Prozesskette, wobei jede Station einen eigenen Demonstrator respektive Versuchsstand erhält – von der Eingangsprüfung für die Klassifikation des Motors über die Demontage, Entmagnetisierung, Reinigung, Befundung der Komponenten, Aufarbeitung bis hin zur Remontage und End-of-Line-Prüfung, wo die Funktionsfähigkeit des Motors untersucht wird.

“Beispielsweise würde man während dieses Prozesses ein Motorgehäuse mit geringfügigen Verschleißspuren für den erneuten Gebrauch einstufen und gegebenenfalls mit zerspanenden Prozessen aufarbeiten, um die Funktionsfähigkeit zu gewährleisten. Abhängig von der gewählten Werterhaltungsstrategie fallen unterschiedliche Prozessschritte und Prozessketten an, der Aufarbeitungsaufwand kann also variieren”, führt der Forscher aus. Eine Besonderheit stellen hierbei die in den Motoren verbauten Magnetwerkstoffe dar. Für deren Demontage gibt es nach Aussage Große Erdmanns gegenwärtig noch kein zerstörungsarmes Verfahren. Dies gelte es im Zuge des Projekts zu konzipieren.

Bei der Wahl der jeweils besten Werterhaltungsstrategie nutzen die Projektpartner ein selbstentwickeltes KI-Entscheidungstool, welches Zugriff auf die Produkt- und Prozessdaten eines E-Motors hat, die in einem digitalen Zwilling gespeichert sind. Mit den so gewonnenen Daten wollen die Forscher und die Industriepartner die Grundlage für das Design neuer elektrischer Motoren legen. “Ziel ist es, den Prototyp eines Motors für die Kreislaufwirtschaft zu entwickeln, der leicht demontiert werden kann und auf den sich die vier genannten Werterhaltungsstrategien problemlos anwenden lassen”, heißt es in einer Mitteilung zu dem Projekt abschließend. (dw)

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