Batterie-Recyclingfabrik in Kuppenheim eröffnet

Mercedes-Benz will “Batterien von heute zur nachhaltigen Rohstoffmine von morgen” machen

Mercedes-Benz-Chef Ola Källenius und Bundeskanzler Olaf Scholz sind von den Potenzialen einer Kreislaufwirtschaft überzeugt.Mercedes-Benz-Chef Ola Källenius und Bundeskanzler Olaf Scholz sind von den Potenzialen einer Kreislaufwirtschaft überzeugt.  Foto: Mercedes-Benz

Die Nachhaltigkeit neuer Mobilitätsformen wird in zunehmendem Maße über den gesamten Lebenszyklus eines Produktes gedacht. Bei Stromern und Hybridfahrzeugen rückt dabei die Batterie verstärkt in den Fokus. Aus Gründen der Ressourcenschonung aber durchaus auch vermehrt aus wirtschaftlichen Erwägungen gewinnt das Recycling dieses Bestandteils an Bedeutung. Auch Mercedes-Benz positioniert sich nun in diesem Zukunftsfeld: Mit der neuen Recyclinganlage im badischen Kuppenheim ist das Unternehmen nach eigenen Angaben der erste Automobilhersteller der Welt, der den Batterie-Wertstoffkreislauf mit einer eigenen Anlage schließt. Dabei kommt ein integriertes mechanisch-hydrometallurgisches Verfahren zum Einsatz, mit dem eine Rückgewinnungsquote von mehr als 96 Prozent sowie ein bilanziell CO₂-neutraler Betrieb realisiert werden sollen. 

Ola Källenius, Vorstandsvorsitzender der Mercedes-Benz Group AG, betont: „Als Pionier des Automobilbaus legen wir mit Europas erster integrierten mechanisch-hydrometallurgischen Batterie-Recyclingfabrik einen Meilenstein auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit bei Rohstoffen. Gemeinsam mit unseren Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft setzen wir ein starkes Zeichen der Innovationskraft für eine nachhaltige Elektromobilität und Wertschöpfung in Deutschland und Europa.“ Davon ist auch Bundeskanzler Olaf Scholz überzeugt, der sich gemeinsam mit Baden-Württembergs Umweltministerin Thekla Walker vor Ort über die Möglichkeiten der neuen Anlage informierte. „Kreislaufwirtschaft ist ein Wachstumsmotor und gleichzeitig wesentlicher Baustein zur Erreichung unserer Klimaziele. Deutschland bleibt ein Leitmarkt für neue und innovative Technologien“, so Scholz. 

Forschungsprojekt und BMWK-Förderung

In dem neuen Recycling-Werk werden alle Schritte von der Zerkleinerung der Batteriemodule bis hin zur Trocknung und Aufbereitung der batterie-aktiven Wertstoffe abgedeckt. Zur Funktionsweise der Anlage teilt der Automoiblhersteler mit: „Während das mechanische Verfahren in einem komplexen, mehrstufigen Prozess Kunststoffe, Kupfer, Aluminium und Eisen sortenrein sortiert, widmet sich das nachgelagerte hydrometallurgische Verfahren der sogenannten schwarzen Masse. Das sind die aktiven Materialien, aus denen die Elektroden der Batteriezellen bestehen. In einem mehrstufigen chemischen Prozess werden die wertvollen Metalle Kobalt, Nickel und Lithium einzeln extrahiert. Diese Rezyklate haben Batteriequalität und sind damit für die Herstellung neuer Batteriezellen geeignet.” Der Konzern kalkuliert in Kuppenheim mit einer Recyclingkapazität von 2.500 Tonnen Batterien pro Jahr. Daraus sollen Wertstoffe für die Herstellung von mehr als 50.000 Batteriemodulen für neue vollelektrische Mercedes-Benz-Modelle entstehen. Die Anlage wird Unternehmensangaben zufolge zu 100 Prozent mit Grünstrom betrieben, der unter anderem über PV-Module auf dem Fabrikdach generiert wird. Das gesamte Investitionsvolumen beziffern die Verantwortlichen auf einen zweistelligen Millionenbetrag.

Realisiert wurde das Projekt in Zusammenarbeit mit Primobius, einem Joint-Venture des deutschen Anlagen- und Maschinenbauers SMS group und des australischen Prozesstechnologieentwicklers Neometals. Im Rahmen eines wissenschaftlichen Forschungsprojekts mit drei deutschen Hochschulen wird die Anlage ferner vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert. Dabei wird die gesamte Prozesskette des Recyclings inklusive Logistik- und Reintegrationskonzepten betrachtet, um Modelle für den deutschlandweiten Ausbau des Batterierecyclings zu entwickeln. Dabei steht auch das hydrometallurgische Verfahren im Fokus. Aufgrund geringerer Prozesstemperaturen von bis zu 80 °C ist das Verfahren weniger energieintensiv als die heute in Europa etablierte Pyrometallurgie. 

Fortgesetztes Engagement 

„Wir vertiefen konsequent unsere Kompetenzen in der Batteriewertschöpfungskette. Nach der Eröffnung des Mercedes-Benz eCampus zur Entwicklung neuer Batterie-Zellchemien in Stuttgart-Untertürkheim schließen wir in Kuppenheim jetzt nachhaltig den Wertstoffkreislauf”, teilt Jörg Burzer, Mitglied des Vorstands der Mercedes-Benz Group AG, verantwortlich für Produktion, Qualität & Supply Chain Management, mit. „Der innovative Technologieansatz ermöglicht uns, wertvolle Rohstoffe mit höchstmöglichen Reinheitsgraden aus der Batterie zurückzugewinnen. Damit werden Batterien von heute zur nachhaltigen Rohstoffmine von morgen.“ Die Initiativen des Konzerns umfassen ferner bereits aufbereitete Batterien als Ersatzteile für alle elektrischen Fahrzeuge. Darüber hinaus wurde mit dem Tochterunternehmen Mercedes-Benz Energy ein Geschäftsmodell mit stationären Großspeicheranwendungen etabliert. Batterien, die nicht mehr im Fahrzeug einsetzbar sind, lassen sich in einem Second-Life-Speicher weiter nutzen.

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