Uscale-Studie zum E-Auto-Vertrieb

“Halbherzige” Kaufberatung beeinträchtigt Stromer-Absatz

ElektromobilitätIm bisherigen Jahresverlauf wurden deutlich weniger Elektro-Pkw neuzugelassen als noch vor einem Jahr.  Foto: Petair - stock.adobe.com

268.926 – so viele Elektro-Pkw wurden nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) bis Ende Juli dieses Jahres neu zugelassen. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum bedeutet das einen Rückgang von 20,1 Prozent, wobei das Minus im Juli mit 36,8 Prozent noch einmal heftiger ausfiel. Alle anderen Antriebsarten verzeichneten im bisherigen Jahresverlauf Zuwächse von mindestens sechs Prozent. „Der BEV-Auftragseingang von Privatkunden ist zurzeit extrem schwach. Daher sehen wir keine Signale, dass sich die Situation bei den Zulassungen ändert“, so die Einordnung von ZDK-Vizepräsident Thomas Peckruhn, Sprecher des Fabrikatshandels in Deutschland. „Das bestätigen auch die Ergebnisse unserer Umfrage im Autohandel von Anfang Juni, in der 91 Prozent der befragten Autohäuser die Bestellsituation bei BEV von Privatkunden im weiteren Jahresverlauf als „sehr schlecht“ (63 Prozent) oder „schlecht“ (28 Prozent) einschätzen. Bei gewerblichen Kunden ist die Situation etwas besser, weil viele Betriebe so ihre Nachhaltigkeitsziele erreichen wollen.“

Dass der abrupte Förderstopp sowie die teilweise recht hohen Preise den Absatz von Elektrofahrzeugen negativ beeinflussen, wurde bereits von verschiedener Stelle angemahnt. In der jüngsten EV-Retail-Studie der Uscale GmbH kommen die Experten jedoch auch zu dem klaren Schluss: E-Autos werden nicht optimal verkauft. Zum fünften Mal hat das Marktforschungsunternehmen untersucht, wie Hersteller, Importeure und Händler den Verkaufsprozess begleiten und auf Kundenerwartungen eingehen – und dabei reichlich Verbesserungsmöglichkeiten identifiziert.  

Einflussfaktoren auf die “Markenüberzeugung” 

Grundsätzlich positiv ist aus Sicht der Uscale-Experten, dass sich E-Auto-Käuferinnen und -Käufer im Durchschnitt für rund sechs verschiedene Marken interessieren. Genug Optionen für Hersteller, Importeure und Händler also, um sich zu positionieren. Als häufigste Marken genannt wurden Audi (54 Prozent), BMW (52 Prozent), VW (48 Prozent), Tesla (43 Prozent) und Mercedes (38 Prozent). Von den übrigen Herstellern erreicht keiner einen Wert jenseits der 25-Prozent-Marke, der mit Vehemenz in den hiesigen Markt drängende Akteur BYD genießt als beste chinesische Marke zumindest bei 20 Prozent der potenziellen Käufer ein hohes Maß an Aufmerksamkeit. 

Als erste Anlaufstelle fungiert für Kauf-Interessierte dann vielfach die Webseite des jeweiligen Herstellers, womit ein tatsächlicher Erwerb des Fahrzeugs oftmals direkt wieder unwahrscheinlicher wird: Nur durchschnittlich 33 Prozent der Befragten fühlen sich nach dem Besuch der Hersteller-Webseiten bestätigt. Unter der parallel befragten Verbrennerkundschaft liegt der Wert bei 71 Prozent. Deutliche Unterschiede zeigen sich jedoch bei Betrachtung der einzelnen Marken: Die Tesla-Webseite bestärkt 57 Prozent der Befragten in ihrer Markenwahl und über Porsche sagen das immerhin 47 Prozent, während keine andere Marke auf mehr als 38 Prozent kommt. 

Herstellerseitige Gründe sind bei Nicht-Kauf entscheiden

Auch wenn es aufgrund dieser Erfahrungen nur bei einem Teil der Kundinnen und Kunden zu einem Händlerkontakt kommt, sehen die Uscale-Experten Chancen für Autohäuser: “Tatsächlich besuchen Online-Käufer im Durchschnitt mehr als zwei verschiedene Händler vor Ort, bevor sie einen Kauf tätigen”, heißt es in der Studie. Das Problem: Selbst nach dem Besuch eines Händlers haben nur rund 40 Prozent der Käufer den Eindruck, bei der „richtigen Marke“ nach einem E-Auto zu suchen. Nach einer Testfahrt sind es immerhin 48 Prozent. “Noch immer holen Händler ihre Kunden nicht richtig ab oder bedienen deren Informationsbedürfnisse nur unzureichend. So erhalten E-Auto-Shopper im Kaufprozess nicht die gewünschte Sicherheit, die nötig ist, um volle Überzeugung zu schaffen”, konstatieren die Studien-Verantwortlichen. 

Auf der anderen Seite sind Händler und Werkstätten in den seltensten Fällen ausschlaggebend, wenn sich Kundinnen und Kunden dann doch gegen eine Marke entscheiden. Und auf die in dieser Hinsicht deutlich relevanteren Gründe wie etwa der Preis (36 Prozent), Ausstattung/Technik (16 Prozent), das Modellangebot (10 Prozent) und die Verfügbarkeit des gewünschten Fahrzeugs (9 Prozent) haben Autohäuser nur marginalen Einfluss. 

Dennoch bilanziert Dr. Axel Sprenger, Gründer und Geschäftsführer der Uscale GmbH: „Im Retail-Prozess liegt ein großes Potential für die Akzeptanz der elektrisch angetriebenen Fahrzeuge. Wer das nur halbherzig angeht, erzielt auch nur halbherzige Ergebnisse. Die Kaufberatung zu Elektroautos hat sich in den letzten Jahren zwar verbessert, liegt aber noch immer deutlich hinter der von Verbrennern. Das kostet Vertrauen in die neue Technik und drückt die Fahrzeugverkäufe.“

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