Markt
Umsatzwachstum im Kraftfahrzeuggewerbe
Der ZDK bilanziert das Jahr 2023 und ermittelt ein diverses Stimmungsbild für das deutsche Kraftfahrzeuggewerbe: Optimistische Erwartungen bei Umsatz und Werkstattauslastung, Skepsis beim Thema Elektromobilität.
Die Bilanz des Zentralverbandes Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe für das Geschäftsjahr 2023 und die über eine ZDK-Blitzumfrage ermittelte Grundstimmung im Autohaus- und Kfz-Servicegeschäft liest sich zunächst einmal recht erbaulich. Der Umsatz im Kraftfahrzeuggewerbe über alle drei Geschäftsbereiche – also Neuwagen, Gebrauchtwagen und Service – ist im vergangenen Jahr laut dem Branchenverband um 11,9 Prozent auf 207,3 Milliarden Euro gewachsen. ZDK-Präsident Arne Joswig begründet diese positive Umsatzentwicklung mit höheren Stückzahlen beim Fahrzeugverkauf, verbunden mit höheren Preisen. Zusätzlich habe sich die Verfügbarkeit von Neufahrzeugen verbessert. Joswig verweist allerdings auch darauf, dass die gestiegenen Zulassungszahlen zu einem großen Teil dem Abbau des Lieferrückstands aus 2022 geschuldet sind. Dass die Branche ein positives Jahr 2023 erlebt hat, ist auch auf die gute Werkstattauslastung und den hohen Wartungs- und Servicebedarf sowie insbesondere die angezogenen Reparaturkosten zurückzuführen.
Eintrübungen im Markt für Elektrofahrzeuge
Ein genauerer Blick auf das zunächst positiv zu lesende Resümee des ZDK eröffnet allerdings die Baustellen und Eintrübungen im deutschen Kraftfahrzeuggewerbe. Arne Joswig erläutert: „Was wir jedoch im vergangenen Jahr fast durchgehend beobachten mussten, war ein deutlicher Rückgang der Fahrzeug-Neubestellungen insbesondere bei den Privatkunden. Und die Schockwellen, ausgelöst durch den Mitte Dezember plötzlich gestoppten Umweltbonus, werden wir in diesem Jahr bei der Elektromobilität ebenso deutlich spüren wie die große Auftragslücke aus dem Vorjahr.“ Den beschriebenen Trend untermauert der Verband mit Präsentation der Ergebnisse einer Blitzumfrage, an der sich 345 Autohäuser und 347 Kfz-Werkstätten beteiligt haben. Die Betriebe wurden Anfang Februar befragt. Und die befragten Autohäuser melden bei den rein batterieelektrischen Pkw ein eindeutiges Alarmzeichen: die Anzahl der Bestellungen von rein batterieelektrischen Pkw sowohl bei den privaten als auch den gewerblichen Kunden lag durchschnittlich um jeweils rund 50 Prozent unter dem Wert vom Januar 2023. Bei Plug-in-Hybriden waren laut ZDK in beiden Segmenten rund 43 Prozent weniger Bestellungen zu verzeichnen. Entsprechend wenig optimistisch fällt die Stimmung der Branche hinsichtlich des eigentlich avisierten Wachstumsfeldes Elektromobilität für das Jahr 2024 aus. 91 Prozent der befragten Autohäuser beurteilen die zu erwartende Lage bei den privaten Auftragseingängen für batterieelektrische Fahrzeuge als „sehr schlecht“ (55 Prozent) oder „schlecht“ (36 Prozent). Kaum positiver wird die Situation bei gewerblichen Kunden eingeschätzt. „Wir brauchen einen klaren Plan für den weiteren Hochlauf der E-Mobilität, mit stabilen und berechenbaren Rahmenbedingungen, gerade auch bei den Steuern. Sonst wird das Ziel von 15 Millionen E-Fahrzeugen bis 2030 nicht zu erreichen sein“, mahnt ZDK-Präsident Arne Joswig.
Die große Liebe ist die Elektromobilität für den überwiegenden Teil der Akteure im deutschen Kraftfahrzeuggewerbe nicht, kann sie auch noch nicht sein. Dass aber das Servicegeschäft mit Fahrzeugen der gewohnten Antriebsarten auf einem konstant hohen Niveau spielt, dämpft so manches Grummeln. Die befragten Betriebe bewerten das Servicegeschäft als sehr positiv. Die Befragung ergab: 85 Prozent der Werkstätten erwarten bei Wartungs- und Reparaturarbeiten eine „sehr gute“ (12 Prozent), „gute“ (41 Prozent) oder gleichbleibende, “neutrale” Auftragslage (32 Prozent). Bei den Autohäusern sind es nach ZDK-Aussage 83 Prozent.
Umsatzsteigerungen bei Neu- und Gebrauchtwagen und im Service
Die vom Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe präsentierten Zahlen zeichnen ein differenziertes Bild der aktuellen Marktsituation hierzulande. Interessant ist beispielsweise auch, dass der Umsatz der markengebundenen Autohäuser am Neuwagenvertrieb im Jahr 2023 um 2,6 Prozent auf 66,6 Milliarden Euro im Vergleich zu 2022 wuchs. Das entspricht 1,57 Millionen Pkw und damit etwas mehr als der Hälfte (55,3 Prozent) der 2,84 Millionen Pkw-Neuzulassungen, so der ZDK. Als Gründe nennen die Marktkenner die um “durchschnittlich 4,3 Prozent höhere Neuwagenpreise, hohe Lieferfähigkeit und die Umweltprämie für E-Fahrzeuge”. Zum Markt der Gebrauchtfahrzeuge heißt es seitens des ZDK: “Von den rund 6,03 Millionen Pkw-Besitzerwechseln wurden 37 Prozent – rund 2,23 Millionen Pkw – über den Markenhandel verkauft. Der Umsatz stieg hier um 15,2 Prozent auf 58,4 Milliarden Euro. Hauptgrund hierfür ist der bisherige Höchststand des durchschnittlichen Fahrzeugpreises, der laut DAT bei 26.170 Euro lag.” Mit rund 2,05 Millionen Besitzumschreibungen (plus 39,8 Prozent und einem Anteil von 34 Prozent am Gesamtmarkt) erzielte der freie Pkw-Handel nach ZDK-Angaben einen Umsatz von 32,2 Milliarden Euro – dies entspricht einem Plus von 19,3 Prozent gegenüber dem Jahr 2022. Hier habe das Mengenwachstum für mehr Umsatz gesorgt, der Durchschnittspreis hingegen sei niedriger als im letzten Jahr ausgefallen.
Höhere Kosten für Wartung und Reparatur
Wie bereits erwähnt, war das Servicegeschäft eine wesentliche Stütze. Wie der Branchenverband anführt, war im Geschäftsfeld Service und Reparatur im Jahr 2023 ein Umsatzsprung von 17,7 Prozent auf rund 33,8 Milliarden Euro im Vergleich zu 2022 zu verzeichnen. Die Gründe: der weiter gewachsene Fahrzeugbestand, die höhere Zahl der Wartungen mit gestiegenen Kosten (plus 8,5 Prozent pro Wartung) sowie die um 15,3 Prozent höheren Kosten pro Unfallreparatur.
Weniger Betriebe und Beschäftigte
In der Automotive-Industrie und im Aftermarket sind die Konzentration, Neusortierung und Verdichtung von Vertriebsstrukturen und Service-Netzwerken seit vielen Jahren deutlich zu beobachtende Trends. Mit weniger Betrieben sinkt natürlich auch die Zahl der Beschäftigten. Auch 2023 hat eine Vielzahl an Kfz-Betrieben ihre Tätigkeit eingestellt. Der ZDK nennt 250 Betriebe und damit ein Minus von 0,7 Prozent – insgesamt seien noch 36.170 Kfz-Betriebe aktiv. Noch differenzierter heißt es: “Während die Zahl der fabrikatsgebundenen Betriebe um minus 1,2 Prozent bzw. 170 Betriebe auf 14.120 schrumpfte, ging die Zahl der nicht fabrikatsgebundenen Betriebe leicht um 0,4 Prozent bzw. 80 Betriebe auf 22.050 zurück.” Die Erfassung der organisationsfähigen Betriebe erfolgt ab einer jährlichen Umsatzgröße von 100.000 Euro aufwärts.
Bei den Beschäftigten im deutschen Kraftfahrzeuggewerbe sieht es folgendermaßen aus: Die Anzahl sank um 0,9 Prozent auf 430.000 Menschen. Positiv allerdings ist, dass die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge im Kfz-Gewerbe 2023 deutlich gestiegen ist. Laut ZDK haben die Kfz-Betriebe für den Ausbildungsberuf „Kfz-Mechatroniker/in“ 23.517 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen, eine Steigerung um 8,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Auch bei den Automobilkaufleuten setzte sich der positive Trend mit 5.493 neuen Azubis fort (+7,2 Prozent). Insgesamt bildet das Kfz-Gewerbe derzeit rund 92.000 junge Menschen in technischen und kaufmännischen Berufen aus. Das Jahr 2023 hat erneut dokumentiert, vor welchen Herausforderungen das Kfz-Gewerbe steht – aber die Branche behauptet sich in Zeiten, in denen Autofahrer:innen ihre Ausgaben bedachter tätigen.