Porträt: Egbert Beuren von filmautos.de

Der Zeitreise-Verwirklicher

Aufmacher_AutoMedia_Egbert BeurenIn seiner Werkstatthalle hat Egbert Beuren über die Jahrzehnte Unmengen an Requisiten angesammelt.  Foto: Kay Lehmkuhl

Beuren hat sein Büro am Rande vom Kölner Stadtteil Ehrenfeld. Von dort aus führt er uns in eine fußläufig erreichbare Tiefgarage, in der sich eine unerwartete Welt auftut: Begrüßt wird man von zwei im Scheinwerferlicht glitzernden Amerikanern: einem Checker Marathon Taxi Cab und einem Cadillac de Ville 1961. Doch wer denkt, dies wäre der Auftakt zu einer Ausstellung blinkender Design-Limousinen, der irrt: Als die Neonröhren im Rest des Tiefgaragenstockwerks angehen, wird klar, dass es sich bei Beurens Fundus weder um ein Kuriositätenkabinett noch um eine Sammlung teurer Luxuskarossen handelt, sondern vielmehr um ein bedarfsorientiertes Sortiment an alten und alternden Autos – um ein Sortiment, das nicht mehr und nicht weniger will, als das Richtige für die meisten filmischen Anforderungen bereitzuhalten. Dass da einige Schätzchen dabei sind, versteht sich von selbst, schließlich sind alle alten Autos potentielle Liebhaberstücke. Einige der rund 60 Karossen haben Staub angesetzt, manche sind mit Planen abgedeckt, auf einer Motorhaube sind Abdrücke von Katzenpfoten zu entdecken. Hier geht es nicht nur um Schönheit, sondern vor allem um Ausstrahlung und Authentizität.

Der Fuhrpark

Angefangen hat für Egbert Beuren alles in den frühen 80er-Jahren mit einem Alfa Romeo Spider: „Den Spider habe ich mir 1982 gekauft. Er ist Baujahr 1969, war also erst dreizehn Jahre alt, aber für mich war er damals schon ein Oldtimer, weil er noch das Rundheck hatte und nicht das spätere Fastback.“ Ohnehin seien Autos früher schneller alt gewesen als heute, sagt er: Sie hielten nicht so lange und waren schon nach zehn Jahren so etwas wie Klassiker.

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Der Stein des Anstoßes: Alfa Romeo Spider, Baujahr 1969. Foto: Kay Lehmkuhl

Und von solchen Klassikern gibt es in der Tiefgarage, von der Beuren eigens eine ganze Etage angemietet hat, so einige. Auf den Spider folgte ein 1959er Ford Thunderbird, und so ist der Fuhrpark ab Mitte der 80er-Jahre stetig gewachsen. Jetzt stehen hier so ehrwürdige Relikte wie Opel Rekord C, Citroën 2 CV, Fiat 500, 600 und Panda, diverse Ford Taunus und Escort, VW Scirocco, Polo 1 und Golf 2, aber auch englische und amerikanische Ikonen wie ein London Taxi Austin FX 4 oder eben der oben erwähnte Cadillac. „Der Cadillac war früher unser Haupt-Umsatzträger, der musste für alles herhalten: Als Hochzeitsauto oder am nächsten Tag als Karre eines Drogenbarons, und ab und zu mal für Hip-Hop-Videos“, gibt Beuren eine Einordnung. Eine Zulassung haben die meisten Wagen nicht. Sie werden mit roten Händler-Kennzeichen überführt und dann nur auf abgesperrtem Gelände eingesetzt.

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Ein paar Enten sind auch dabei. Foto: Kay Lehmkuhl

Die Fernsehindustrie

So richtig zur Filmstadt, die sie heute ist, wurde Köln erst um die Jahrtausendwende. So stattete Beuren bald Produktionen wie „Soko Köln“ oder „Lindenstraße“ mit Fahrzeugen aus: „Zur Lindenstraße habe ich 20 Jahre lang Autos gebracht. Später gab es am Set ja eine eigene Autowerkstatt, die bespielt wurde. Und da brauchte es dann natürlich immer wieder Nachschub an alten Wagen, also Klassikern.“ Im Prinzip muss in der Filmbranche alles, das man nicht bei Autovermietungen bekommen kann, von Vintage-Verleihern wie Beuren abgedeckt werden. „Und das fängt schon bei einem zehn Jahre alten Golf an, der für uns zwar nicht alt aussieht, aber gerade die öffentlich-rechtlichen Sender dürfen wegen Schleichwerbung keine aktuellen Modelle verwenden“, erklärt er. Als nächstes zeigt uns Beuren einen alten VW Passat, der uns tatsächlich irgendwie bekannt vorkommt. „Der dunkelblaue Passat Kombi war immer das typische, unauffällige Auto der Kommissare oder Zivilfahnder. Der fuhr tausendmal in dieser Stadt herum.“ Später wird uns Beuren einen alten Opel Blitz Lkw präsentieren, den man teilweise am Abend zweimal im Fernsehen habe sehen können, erst in der einen Serie, dann in einer anderen. „Der wurde immer gern genommen, um im Hintergrund zu stehen, wenn etwas von der Umgebung abgedeckt werden musste, das nicht demontierbar war, aber nicht ins Bild durfte.“ Im Hinter- und Vordergrund standen Beurens Fahrzeuge auch bei größeren Produktionen, wie zum Beispiel „Der Vorleser“ mit Kate Winslet, „Männerherzen“ mit Til Schweiger oder „Neue Vahr Süd“ mit Frederick Lau. Für letzteren Film wurden damals drei Sattelschlepper mit alten Gefährten beladen und nach Bremen überstellt. Als aktuellstes Großprojekt waren Beurens Autos Teil der Produktion für den im März 2025 anlaufenden Kinofilm „Köln 75“.

Die Werkstatthalle

Etwa zehn Gehminuten von der Tiefgarage entfernt befindet sich das eigentliche Herzstück von Beurens Welt. Biegt man in die Einfahrt des Altbaus ein, hinter dem Beurens Werkstatthalle liegt, weht einem schon das Flair des Gestrigen entgegen. Hier ist alles original so gelassen wie zu jener Zeit, als noch Pferdekutschen das Tor passieren mussten. Wir befinden uns immer noch mitten in der Stadt, tauchen aber in eine andere Welt ein, sobald Beuren die große, schwere Tür zu seinen Hallen geöffnet hat. Auf rund 1.000 Quadratmetern findet sich hier alles, was an genau jene Zeiten erinnert, in denen die Wagen aus Beurens Sammlung noch neu waren: Werbetafeln, Aufsteller, Kleidungsstücke, Taschen, Nummernschilder, Telefone, Barhocker, Leuchtreklamen. Alles was potentiell Requisite für retrospektive Filme sein könnte, hat hier seinen Platz. Dazwischen ein paar Zweiräder, vom Kinderroller über Vespas bis hin zu größeren Yamahas. Ins Auge fällt auch sofort der „Foodtruck der ersten Stunde“, wie Beuren den Ford AA 1929 nennt, den er einst dem Phantasialand abgekauft hat.

Dreh- und Angelpunkt der Halle ist jedoch die in einer Ecke gelegene Werkstatt, die nur für den Eigenbedarf genutzt wird und auf deren Hebebühne gerade ein BMW 318i Coupé darauf wartet, eine neue Wasserpumpe zu bekommen – eine Werkstatt, die genauso alt anmutet, wie das zu reparierende Fahrzeug. „Wenn Szenenbildner hierher kommen, sind sie immer begeistert von der Patina und dem ganzen Kram hier. Es wäre sehr aufwendig und teuer für sie, so etwas nachzustellen. Wenn sie also etwas suchen, das alt und schmuddelig, aber trotzdem sympathisch wirken soll, dann kommen sie eben hier hin.“

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Wie aus der (guten, alten) Zeit gefallen: Die Werkstatt von Egbert Beuren. Foto: Kay Lehmkuhl

Was aber nicht heißt, dass die Werkstatt nicht voll funktionsfähig wäre. Und einiges kann Beuren selbst machen, für alles andere hat er Freunde und freie Mitarbeiter, die je nach Auftragslage übernehmen. „Die Technik von früher, also von vor 1985, ist ja überschaubar. Da kann man zum Glück noch selber dran schrauben und zum Beispiel eine Lichtmaschine oder eine Zündspule wechseln. Einen Käfermotor kann man ja in 20 Minuten tauschen. Wenn man allerdings heute einen Motorschaden am Beetle hat, schmeißt man das Auto weg.“

Und wie sieht es denn generell mit Ersatzteilen aus? „Das kommt auf das Modell an. Für den Ford A bekommen Sie jede Schraube, Dichtung und Spreizniete, das ist unglaublich. Da gibt es einfach noch viele aktive Oldtimer-Clubs, dass es noch Sinn macht, das alles zu reproduzieren. Bei anderen ist das schon schwieriger, sogar beim VW T4. Da kommt man dann nicht durch den TÜV, weil der Gurt klemmt und nicht repariert werden kann.“

Doch so langsam möchte sich Egbert Beuren eh aus dem Geschäft zurückziehen, manche seiner Autos bietet er inzwischen zum Verkauf. „Ich suche mir jetzt eher die Projekte raus, die Spaß machen. Ich bin fast 70, da steht man nicht mehr nachts im Regen auf dem Abschleppwagen und zurrt die Karren fest.“

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