AutoBild prüft Reifen für Elektrofahrzeuge
EV-Reifen versus Standardgummi
Bei Reifenspezifikationen für Elektrofahrzeuge gilt es, den Zielkonflikt Nasshaftung-Rollwiderstand-Laufleistung in nochmal verschärfter Form auszubalancieren. Einigen Reifenherstellern wie Michelin, Continental, Hankook und Goodyear gelingt dies bereits in vorzüglicher Weise. AutoBild hat getestet.
Es ist wie so oft in der Reifenindustrie eine Frage der Entwicklungs-Philosophie und -Strategie. Elektrofahrzeuge beanspruchen Reifen in besonderer Weise. Ob es speziell EV-abgestimmter Reifen bedarf, die optimale Grip-Performance zu erreichen, oder auch Standardreifen ihren Dienst auf hohem (Elektro)-Niveau verrichten können, diesbezüglich hat das Reifen-Team von AutoBild einen Spezialtest gefahren. Die Bilanz der Prüfungen lässt beide Optionen offen – zumindest in der Größe 235/55 R19.
Interessant ist die Tatsache, dass Michelin für den Test mit dem Pilot Sport 4 SUV einen Reifen aus dem Sportsegment bereit stellte. Die französische Marke hat aber sehr wohl Elektro-Spezialisten wie den Pilot Sport EV und den e-Primacy im Programm. Offenbar traute die Michelin-Entwicklungsabteilung dem Pilot Sport 4 SUV in der angefragten Dimension 235/55 R19 ein größeres Vermögen zu. Und zack: Der Michelin Pilot Sport 4 SUV fährt tatsächlich an die Spitze des Feldes. AutoBild urteilt: “Sportreifen mit überzeugenden Fahrleistungen auf nasser und trockener Piste, dynamische Handlingqualitäten, präzises Einlenkverhalten, kurze Bremswege, hohe Laufleistung.” Warum allerdings die formulierte Schwäche “erhöhter Rollwiderstand” als EV-Kernkriterium nicht entscheidend zur Abwertung führt, darf diskutiert werden. Überzeugen kann als zweitplatziertes Gummi auch der Continental PremiumContact 7 – ebenfalls keine reine EV-Spezifikation. “Herausragende Laufleistung und vorbildliche Nachhaltigkeit, kürzeste Nass- und Trockenbremswege”, so das Urteil.
“Vorbildlich” liefert auch der Spezialkönner Hankook iON evo SUV ab. Das neue EV-Sommerprofil fährt laut AutoBild mit “ausgewogen hohem Leistungspotenzial, stabil sicherem Handling, kurzen Nass- und Trockenbremswegen” und weist auch eine “hohe Laufleistung und gute Wirtschaftlichkeit” auf. Die Test-Spitze komplettiert der Goodyear Eagle F1 Asymmetric 6: “Sportreifen mit überzeugenden Fahrleistungen auf trockener und nasser Piste, gute Reserven bei Aquaplaning, kurze Bremswege, gute Wirtschaftlichkeit”. Jedoch wird auch beim Goodyear-Gummi ein “leicht erhöhter Rollwiderstand” registriert.
Als “gut” wird der Falken e.Ziex aus den Prüfungen entlassen. Angemessen für die Preiskategorie, in der Falken als Marke spielt. “Kurze Trockenbremswege, verlängerte Reichweite, niedriger Rollwiderstand, sehr günstiges Preisniveau”, lautet das Vorteilsspektrum. Im “befriedigenden” Bereich landet der GT Radial Sport Active 2 EV. Dieses Profil ist im Budget-Segment beheimatet, daher ist die Mängelliste “untersteuerndes Nass- und Trockenhandling, verlängerte Nassbremswege” erwartbar.
Bridgestone Potenza Sport ohne Anschluss an Spitze
Nicht auf EV-Augenhöhe sieht die AutoBild den Bridgestone Potenza Sport. Der Bridgestone-Reifen wurde eigentlich für den Einsatz auf Prestigefahrzeugen konzipiert. Berücksichtigt man den Preis, ist das Gummi der Japaner in der Größe 235/55 R19 im Elektroeinsatz nach Ansicht der Prüfer im Premium-Segment nicht konkurrenzfähig. Bridgestone fiel bei diversen Sommerreifentests dieser Saison bereits qualitativ etwas zu den besten Reifen ab. Bei einem auf Sportlichkeit ausgelegten Reifen sind die Schwächen “eingeschränkte Laufleistung, sehr hoher Rollwiderstand/Verbrauch, mäßiger Komfort” allerdings vorauszuahnen. Dennoch steht das Urteil “bedingt empfehlenswert”. Absolut “nicht empfehlenswert” ist nach Ansicht des Test-Teams der Goodride ZuperEco Z-107: “Eingeschränkte Seitenführung und zu lange Bremswege bei Nässe, untersteuerndes Handling, mäßige Kilometerleistung”. Absolut nicht “Zuper” oder “Eco” also.
Die Kapitelwertungen für Nass und Trocken flossen zu je 40 Prozent, das Kostenkapitel mit 20 Prozent in die Gesamtwertung ein. Einzelnoten ab 3+ in sicherheitsrelevanten Disziplinen oder der Laufleistung führten zur Abwertung. Das Fazit lautet: “Elektrofahrzeuge brauchen spezielle Reifen, um das kräftige Drehmoment des Antriebs und das hohe Fahrzeuggewicht sicher auf die Straße zu bringen. Eine spezielle Modellreihe ist dafür aber nicht zwangsläufig erforderlich, wie das gute Abschneiden der normalen Standard- und Sportreifen zeigt.”
AutoBild-Reifentest EV- vs. Standardreifen, Dimension 235/55 R19 V/Y
Modell | Nass¹ | Trocken | Kosten | Bewertung |
Michelin Pilot Sport 4 SUV | 1- | 1- | 2 | 1,2 - vorbildlich |
Continental PremiumContact 7 | 2+ | 1- | 2+ | 1,3 - vorbildlich |
Hankook iON evo SUV | 2+ | 1- | 2+ | 1,3 - vorbildlich |
Goodyear Eagle F1 Asymmetric 6 | 1- | 2+ | 2 | 1,4 - vorbildlich |
Falken e.Ziex | 2- | 2 | 2 | 2,2 - gut |
GT Radial Sport Active 2 EV | 3 | 2- | 2 | 3,2 - befriedigend |
Bridgestone Potenza Sport | 1- | 2+ | 4 | 3,9 - bedingt empfehlenswert |
Goodride ZuperEco Z-107 | 4+ | 3 | 2- | 4,5 - nicht empfehlenswert |
¹Schulnoten von 1 (sehr gut) bis 6 (ungenügend), Einzelnoten ab 3+ in sicherheitsrelevanten Disziplinen oder der Laufleistung führen zur Abwertung, Gewichtung Nass/Trocken je 40 Prozent, Kosten 20 Prozent