Christian Wenzel von canis lupus im Interview

“Wir gehen davon aus, dass Verschleißteile am stärksten unter Margendruck geraten”

Christian Wenzel ist Managing Director bei der canis lupus GmbH.   Foto: canis lupus

Die Transformation der automotiven Welt ist in vollem Gange. Auch der Teilehandel ist im Wandel - Digitalisierung, Vernetzung, Elektromobilität. Was sind Ihrer Meinung nach aktuell und in naher Zukunft die größten Herausforderungen im Teilegeschäft?

Christian Wenzel: Die Automobilbranche durchläuft in der Tat eine rasante Transformation und der Teilehandel ist ein bedeutsamer Teil davon. Ich persönlich sehe folgende Herausforderungen als dominierend an. Elektromobilität und alternative Antriebe: Elektrofahrzeuge und andere alternative Antriebstechnologien verändern die Anforderungen an Teile und Komponenten. Hier ist die Innovationskraft der Industrie gefragt, um die zukünftige Nachfrage mit einem leistungsstarken Angebot unterlegen zu können.

Dann natürlich auch die Digitalisierung und das Ersatzteilmanagement: Die Digitalisierung des Teilehandels hat bereits begonnen und wird sich weiter beschleunigen. Intelligente Bestandsverwaltung, Supply-Chain-Management, Echtzeitdatenüberwachung und das Bespielen von Online-Marktplätzen werden wichtiger denn je, wenn es darum geht, den Bedürfnissen von Werkstätten, Kunden und vor allem Verbrauchern auch zukünftig noch gerecht zu werden.

Und schließlich Wettbewerb und Marktkonsolidierung: Der Teilemarkt ist stark umkämpft. Es gibt eine Vielzahl von Akteuren – von den Herstellern bis hin zu innovativen Startups – mit unterschiedlichsten Ansätzen und Geschäftsmodellen. Der Independent Aftermarket wird sich meiner Einschätzung nach zunehmend konsolidieren. Letztlich werden diejenigen Kooperationen erfolgreich sein, die Kundenorientierung und Prozessexzellenz in den Mittelpunkt ihres Denkens und insbesondere Handelns stellen werden.

Die zunehmende Bedeutung der Elektromobilität bedeutet einen Wegfall vieler Komponenten im Servicegeschäft. Ein Auto mit Verbrennungsmotor hat am Antriebsstrang Tausende Teile, ein E-Auto nur Hunderte. Was bedeutet dies für den Teilehandel?

Christian Wenzel: Die wachsende Bedeutung der Elektromobilität und die Vereinfachung des Antriebsstrangs in Elektrofahrzeugen sind gewaltige Herausforderungen für den traditionellen Teilehandel und das angegliederte Servicegeschäft. Ich gehe jedoch davon aus, dass wir einen gewissen Zeitversatz konstatieren werden – die Teileumsätze betreffend. Sobald eine „kritische“ Anzahl an neu zugelassenen Elektrofahrzeugen überschritten ist, wird sich dies selbstverständlich auch auf die Teileabsätze, so wie wir sie heute wahrnehmen, auswirken. Keine Frage! Abschließend würde ich ganz allgemein einen Rückgang im Umsatz mit „wartungsrelevanten“ Verschleißteilen prognostizieren.

Lieferfähigkeit und Schnelligkeit sind wesentliche Faktoren im Teilehandel. Welche Kernkompetenzen braucht es sonst noch, um künftig relevanter Akteur im Teilegeschäft zu sein?

Christian Wenzel: Lieferfähigkeit und grundlegende Schnelligkeit in der Leistungserbringung sind unabdingbare Grundvoraussetzungen. Als spezialisierter eCommerce-Händler, der wir als canis lupus GmbH sind, geht es im Grundsatz darum, massenhaft Transaktionen – Aufträge, Sendungen, Retouren, Käufernachrichten – zu managen und dies 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche und 365 Tage im Jahr. Genau das wollen wir in Zusammenarbeit mit der Industrie und unseren Herstellern smarter, kundenfreundlicher, prozessintelligenter und auch nachhaltiger tun als alle anderen. In diesem Kontext ist uneingeschränkte Qualität unser strategischer ecanis-Leitbegriff. Darunter verstehen wir Produktqualität, Prozessqualität, Angebotsqualität, Servicequalität und Preisqualität.

Was sind die wichtigsten Vermarktungskanäle für die Unternehmungen der canis lupus GmbH? Der ecanis-Shop bei eBay spielt sicher eine zentrale Rolle?

Christian Wenzel: Jeder Absatzkanal, auf dem wir eine Nachfrage nach unseren Artikelportfolien und Sortimenten vorfinden oder eine solche entwickeln können, ist von Interesse für uns. Prinzipiell verspüren wir eine tiefe Pflicht, dort zu sein, wo unsere potenziellen Kunden beziehungsweise die vielen, vielen „Produktfans“ der Industrie sind. Letzteres ist übrigens auch der zentrale Auftrag unserer Hersteller, insbesondere derjenigen, die sich für eine enge strategische eCommerce-Partnerschaft mit uns entschieden haben.

Im Hinblick auf Tyre24, eBay, Amazon und Kaufland schauen wir bereits auf eine beachtliche und sehr partnerschaftliche eCommerce-Historie zurück. Allerdings stellen wir fest, dass sich immer mehr vermeintlich „kleinere“ spezialisierte Marktplätze eine Daseinsberechtigung erarbeiten. Diese sind gleichermaßen interessant für uns – insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass wir Vollsortimente unserer Hersteller verkaufsfähig machen. Es geht uns also nicht nur darum, die 100 Top-Mover zu platzieren, sondern auch die Artikel Nr. 35.651 und 35.652 des jeweiligen Portfolios. Dies erfordert ein breites und spezifisches Spektrum die Absatzkanäle betreffend.

Auch das Thema Preissensibilität wird sich weiter verschärfen. Bei welchen Teilen sehen Sie künftig das größte Margenpotenzial?

Christian Wenzel: Die nachhaltige Preisgestaltung ist in dynamischen Märkten von zentraler Bedeutung – schon allein aufgrund der Tatsache, dass der Online-Handel keine Ländergrenzen kennt. Das hat die Industrie verstanden und begegnet der „neuen“ Logik dezentraler – nicht lokaler – Absatzmärkte mit Ansätzen zur Preisharmonisierung, in der Regel und sinnvollerweise auf den europäischen Binnenmarkt bezogen. Das ist richtig und wichtig!

Ganz grundsätzlich gehen wir davon aus, dass die Verschleißteile am stärksten unter Margendruck geraten werden. Vor dem Hintergrund unserer Vollsortiment-Strategie würden wir eine solche Betrachtungsweise jedoch nie auf einzelne Produktgruppen begrenzen.

Ähnliche Artikel

Jan Knoll Motoo
“Der Plan ist, mittelfristig auf 100 bis 150 Mitglieder zu kommen”
Jan Knoll über die Motoo-Pläne
Prof. Benedikt Maier
Werkstattgeschäft der Zukunft
Prof. Benedikt Maier zur Zukunftswerkstatt 4.0
Carat Christian Gabler
Übernahme von Standorten soll Carat-Präsenz erhalten
Autoteilehandel
Maik Taubitz
„Frontwissen und Kundenfeedback sind eine maximal unterschätzte Währung”
Maik Taubitz über Margendruck im Teilehandel