Forschungsprojekt KISSaF abgeschlossen

Wie kann KI beim vorausschauenden Fahren unterstützen?

KI FahrerassistenzAuf mehr als 100.000 Kilometern Strecke erfasste ein Versuchsträger neben Kamera-, Radar- und Lidar-Daten auch relevante GPS- und Wetterinformationen.  Foto: ZF

Das Projekt KISSaF – KI-basierte Situationsinterpretation für das automatisierte Fahren – soll laut den drei Partnern Künstliche Intelligenz darauf trainieren, Handlungen von Verkehrsteilnehmern vorherzusagen. KI-Algorithmen stoßen aktuell noch an ihre Grenzen, wenn es darum geht, potenzielles Verhalten menschlicher Verkehrsteilnehmer zu deuten. Die Möglichkeiten neuer Technologien zur Steigerung der Verkehrssicherheit sind aber immens. Besonders auch deshalb, weil immer mehr Fahrzeuge mit hochautomatisierten oder autonomen Assistenzsystemen ausgestattet werden, und die Interaktion dieser untereinander immer feinjustierter Anwendung findet. KI kann dazu beitragen, den Faktor Mensch sozusagen besser einrechnen zu können.

KI-basierte Szenenprädiktion

Dies war auch die Motivation hinter dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderten Forschungsprojekt KISSaF. Konsortialführer ZF arbeitete gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Regelungssystemtechnik (RST) der TU Dortmund und dem Entwicklungsdienstleister INGgreen an einer sogenannten Szenenprädiktion für den Straßenverkehr. Nach rund drei Jahren ist das Forschungsprojekt abgeschlossen. Die neue Methode soll laut den Verantwortlichen besser funktionieren, als bislang verwendete Ansätze. KI-basierte Szenenprädiktion befähige die Fahrzeugsteuerung, die wahrscheinlichsten Handlungen anderer Verkehrsteilnehmer einige Sekunden vorherzusagen und entsprechend zu agieren. Beispielhafte Frage-Szenarien lauteten: Wird der offenbar von seinem Smartphone abgelenkte Fußgänger gleich unachtsam auf die Fahrbahn treten? Was ist bei einem automatisiert durchgeführten Spurwechsel zu beachten? Bremst der vorausfahrende Wagen noch ab? Welche weiteren Faktoren spielen eine Rolle?

"Um eine KI so zu trainieren, dass sie sicher solche Vorhersagen treffen kann, braucht es große Mengen an Daten aus dem echten Straßenverkehr“, erklärt Dr. Till Nattermann, Leiter des KISSaF-Projekts und Engineering Manager bei ZF. Um diese Realdaten aufzunehmen, konstruierten INGgreen und ZF ein Messfahrzeug, ausgerüstet mit heute schon seriennahen Sensor- und Aktuatoriksystemen. Auf mehr als 100.000 Kilometern Strecke erfasste der Versuchsträger neben Kamera-, Radar- und Lidar-Daten auch relevante GPS- und Wetterinformationen. Die Rohdaten des Projekts KISSaF umfassen nach Aussage der Verantwortlichen fast 800 Terabyte. Von der TU Dortmund entwickelte Algorithmen zur Umfeldbeschreibung bereiteten die Daten für die weitere Verwendung im Projekt auf. Auf Basis dieser Umfeldmodellierung trainierten die KI-Spezialisten des ZF-eigenen AI-Labs, dem KI-Technologiezentrum in Saarbrücken, die künstliche Intelligenz. Die Prädiktion konnte dann in der Simulation und mit aufgezeichneten Realdaten in den von ZF bereits entwickelten Assistenzsystemen getestet werden.

Geschärfte Proaktivität

Nach dem Training konnte die KI besser abwägen, wie sich andere Verkehrsteilnehmer verhalten, so die Partner. “Die in KISSaF entwickelte Szenenprädiktion könnte künftige Assistenzsysteme befähigen, vorausschauend zu handeln, potenziell gefährliche Situationen besser vorherzusehen und proaktiv zu bremsen oder auszuweichen. Zum Beispiel erkannte die KI möglicherweise kritische Spurwechsel und brach sie entweder ab oder leitete sie gar nicht erst ein. Entstehende Lücken für einen Spurwechsel konnte sie ebenfalls vorhersehen und das Fahrzeug sicher durch den Verkehr leiten. Auch die Fähigkeit der KI, bei Gegenverkehr an Kreuzungen rechtzeitig zu stoppen, hat sich mit dem im Laufe von KISSaF erarbeiteten Verfahren verbessert”, heißt es in einer Mitteilung.

Die gewonnenen Erkenntnisse sollen nun dabei helfen, hochautomatisierte Fahrerassistenzsysteme (ADAS) der Automatisierungsstufen 2+ und 3 nach SAE zu optimieren, die von zentralen Steuergeräten und Hochleistungscomputern gesteuert werden können. "Wir haben bewusst auf ein schon heute praxisnahes Setup gesetzt – sowohl bei der Sensorik zur Datenermittlung als auch beim Automatisierungsgrad der KI-Systeme. Diese Funktionen sind damit näher an der Marktreife als andere Systeme. Rohdaten aus dem Projekt sind darüber hinaus auch für zukünftige Entwicklungsvorhaben relevant. Das Projekt hat somit in mehrfacher Hinsicht hohe Praxisrelevanz für uns“, so Nattermann.

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